Nahezu täglich gibt es neue Informationen, welche Banken im Zuge des Brexits ihr Personal in Frankfurt aufstocken werden. „Durch den Brexit werden in den nächsten zwei Jahren 3000 bis 5000 neue Arbeitsplätze in Frankfurt entstehen“, sagte der Präsident des Verbandes der Auslandsbanken Stefan Winter der „Welt am Sonntag“. Im Hauptberuf leitet Winter das Investment Banking der UBS Europe SE in Frankfurt. „Ich gehe davon aus, dass etwa 12 bis 14 Banken ihre vorhandenen Standorte in Frankfurt stark ausbauen werden oder neu errichten werden.“ Winter rechnet mit einen durchschnittlichen Zahl von 300 Arbeitsplätzen pro Bank. Die Stellen würden aber sukzessive umgesiedelt. Einen „Brexit-Knall“ werde es nicht geben.
Unterdessen knallt es nahezu täglich – allerdings nicht so laut. Damit Sie den Überblick nicht verlieren, haben wir eine Liste mit Informationen zusammengestellt, was über die Umzugspläne der Banken bislang bekannt ist:
Citi
Bei Citi scheint noch keine Entscheidung gefallen zu sein. „Deutschland zählt zu unseren Favoriten“, sagte jedoch Jim Cowles bereits Anfang des Jahres, der das Geschäft der US-Bank in Europa, dem Mittleren Osten und Afrika leitet. „Wir müssen die Frage bis zur Jahresmitte klären.“ Von daher steigt bei Citi derzeit die Spannung. Die Bank besitzt bereits eine Banklizenz in Frankfurt und beschäftigt hierzulande einige hundert Mitarbeiter.
Daiwa
In der vergangenen Woche hat die Daiwa Securities Group in Tokio angekündigt, eine Banklizenz für Frankfurt beantragen zu wollen. „Dieses Arrangement wird sicherstellen, dass Daiwa seine Dienstleistungen auch weiterhin in der EU bereitstellen kann, wenn Großbritannien die EU verlässt“, hieß es von der japanischen Investmentbank. Bisher betreibt die Daiwa Advisory GmbH mit 31 Mitarbeitern lediglich M&A-Geschäft in Deutschland. Die Beantragung einer Banklizenz bedeutet, dass Daiwa künftig auch andere Geschäfte wie das Euro-Clearing in Frankfurt plant.
Deutsche Bank
Die Deutsche Bank beschäftigt an der Themse viele Tausend Investmentbanker. Die Chancen stehen gut, dass ein erklecklicher Teil davon nach Deutschland umziehen wird. Konzern-Compliance-Chefin Sylvie Matherat sagte bereits Anfang des Jahres, dass die Deutsche Bank kein „first mover“ sein werde. Das Institut kann es sich leisten, weil Bankenlizenz und Infrastruktur bereits vorhanden sind. Laut Deutsche Bank Konzernchef John Cryan würden im Bedarfsfall einfach Stellen nach Deutschland verlegt, diese müssten allerdings nicht unbedingt nach Frankfurt gehen, sondern vielleicht auch nach Berlin. „Wir heißen Deutschen Bank und nicht Frankfurter Bank”, kommentierte Cryan damals.
Goldman Sachs
Unterdessen hat Goldman Sachs die Katze aus dem Sack gelassen – zumindest ein bisschen. „Wir beginnen damit, Ressourcen nach Frankfurt und in andere europäische Städte zu verlagern“, sagte der Europachef Richard Gnodde der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Auf die Frage, ob die Bank ihre derzeit rund 200 Banker in Frankfurt verdoppeln wolle, antwortete Gnodde: „Das ist sehr wahrscheinlich richtig.“ Die 200 Stellen dürften allerdings nur die Untergrenze darstellen. Der größte Teil davon wird wohl im Front Office entstehen, denn die Goldman Sachs AG verfügt bereits über eine Banklizenz in Frankfurt.
HSBC
Bei der britischen Großbank HSBC hat Frankfurt das Nachsehen. Bereits Anfang des Jahres hatte Konzernchef Stuart Gulliver bekräftigt, rund 1000 Arbeitsplätze von London nach Paris umsiedeln zu wollen. Das Institut besitzt bereits umfangreiche Aktivitäten in der französischen Hauptstadt und beschäftigt in Frankreich rund 9500 Mitarbeiter. Das letzte Wort scheint hier aber noch nicht gefallen zu sein. Die deutsche Tochter HSBC Trinkaus zählt nur gut 2800 Mitarbeiter.
JP Morgan
Bereits vor knapp zwei Monaten hat JP Morgan Investment Banking-Chef Daniel Pinto angekündigt, einige hundert Jobs von Großbritannien in die Eurozone zu verlagern. „Wir nutzen drei Banken, die wir bereits in Kontinentaleuropa besitzen als Anker für unsere Tätigkeiten“, sagte Pinto damals. „Wir müssen kurzfristig hunderte von Jobs verlagern, um vom ersten Tag an einsatzbereit zu sein, wenn die Verhandlungen abgeschlossen sein werden und dann schauen wir uns die langfristige Personalentwicklung an.“ Auch JP Morgan besitzt bereits eine Banklizenz für Frankfurt.
Morgan Stanley
Die US-Investment Bank will nach Informationen der Welt am Sonntag, ihre Mitarbeiter am Standort Frankfurt von derzeit rund 200 auf 400 aufstocken. Eine Banklizenz ist schon vorhanden.
Nomura
Bis zu 100 Stellen will die japanische Investmentbank Nomura von London nach Frankfurt verlegen, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg meldet. Ein Teil dieser Stellen dürfte indes für Risikomanagement, Compliance, Interne Revision und Controlling vorbehalten sein. Diese Funktionen sind für den Erhalt einer Bankenlizenz erforderlich.
Standard Chartered
Es ist zwar erst wenige Wochen her, dennoch war Standard Chartered eine der ersten ausländischen Banken, die sich offiziell für Frankfurt als neuen Hauptsitz innerhalb der Eurozone entschieden. Allerdings hat die Londoner Bank schon heute ihr Euroclearing mit rund 100 Mitarbeitern in Frankfurt angesiedelt. Mit der angekündigten Beantragung einer Banklizenz dürften jetzt einige dutzend Jobs im Middle Office hinzukommen, wie Prof. Martin Hellmich von der Frankfurt School of Finance & Management schätzt. Laut Brancheninsidern sucht Standard Chartered bereits nach Headhuntern, um die Vakanzen zu füllen.
UBS
Im vergangenen Jahr wurde die UBS Deutschland AG in die UBS Europe SE umgewandelt. Damit wird das gesamte Wealth Management der Schweizer Großbank in der Eurozone von Frankfurt aus kontrolliert. Doch mit dem Brexit hat dies zunächst wenig zu tun: Die Straffung der Strukturen war unabhängig davon geplant. Dennoch hat die UBS jetzt Strukturen geschaffen, die sich schnell ausbauen ließen. So verfügt die UBS Europe SE bereits über einen eigenen Investment Banking Vorstand, nämlich Winter, der ganz nebenbei als Präsident des Auslandsbankenverbandes fungiert.
VTB
In der vergangenen Woche hat auch die VTB ihre Überlegungen bestätigt, ihr Europageschäft in Frankfurt bündeln zu wollen. Die russische Bank kommt indes nicht von der Insel, sondern aus Wien. Aus regulatorischen Gründen will die Bank ihre Aktivitäten, die bislang über Wien, Frankfurt und Paris verstreut waren, am Main konzentrieren. Derzeit beschäftigt die russische Bank an den drei Standorten rund 300 Mitarbeiter. Eine deutsche Banklizenz ist vorhanden.
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