Um es zu einem Portfolio Manager zu bringen, komme es hauptsächlich auf die akademische Qualifikation an, so lautet eine der größten Legenden des Investment Managements. Auch ich habe sämtliche Qualifikationen und Lizenzen erworben und habe Vermögen über viele Jahre verwaltet. Doch es kommt nicht allein darauf an, die einschlägigen Buchstaben auf seiner Visitenkarte zu haben.
Praxis schlägt Theorie
Es gibt eine Million an CFA-Charterholdern, MBA-Absolventen, Doktoren und Master in Finance, die keinen Fuß in die Branche schaffen. Wenn es nur auf die akademischen Qualifikationen ankäme, dann könnten allein die Absolventen des MIT sämtliche Positionen auf der Buy-side besetzen. Doch aus Erfahrung weiß ich: Theorie und Praxis sind zwei unterschiedliche Paar Schuhe.
Als Geschäftsfrau musste ich feststellen, dass ich einiges gerne früher gewusst hätte – etwa als ich versuchte, mit mir die Wachstumsmodelle nach Gordon einzupauken. Ich wäre viel weiter gekommen, wenn ich meinen Taschenrechner des Modells TI-82 einmal beiseitegelegt und ein wenig Praxis genossen hätte. Anstatt Debitorenbuchhaltung zu pauken und sie hochzuhalten wie das Evangelium, hätte ich lieber mit einigen Inkassobüros sprechen sollen. Statt einer Prognose für jede Zeile in der Ertragsrechnung anzustellen, hätte ich lieber mit den Vertriebsprofis der entsprechenden Branche gesprochen um herauszufinden, wie sich der Markt in der Zukunft entwickelt. Doch das habe ich unterlassen. Stattdessen habe ich mir den Kopf zerbrochen und als Analystin das Land betreten, in dem lineare Gleichungen und Funktionen herrschen. Denn ein Model stellt ein Abbild der Realität dar, nicht jedoch die Wirklichkeit selbst.
Doch wer die Realität versteht, pickt tatsächlich die Unternehmen heraus, die in der Wirklichkeit die Märkte schlagen.
Haben Sie einen Ansatz
Als ich noch auf der Buy-side gearbeitet und Vorstellungsgespräche geführt habe, habe ich alle erdenklichen Antworten auf die Frage gehört: „Wie würden Sie heute 1 Mio. Dollar investieren?“ Obgleich sich diese Frage höchst kreativ beantworten lässt, konnte man die meisten Antworten gleich wieder vergessen.
Leute mit einer starken Marke gehen aus einem umkämpften Markt als Gewinner hervor. Dabei spreche ich nicht über die Schriftart von Visitenkarten, Lebensläufen oder Anschreiben. Wenn alle Investmentanalysten das Gleiche sagen, dann sollten Sie sich einen ganz eigenen Ansatz ausdenken, durch den Sie aus der Masse herausstechen. Wer z.B. für einen Hedgefonds arbeiten möchte, kann ein Experte für notleidende Wertpapiere werden und sich ein möglichst umfassendes Wissen um Turnarounds zulegen. Dazu können Sie einen Blog eröffnen und Ihre Texte über die sozialen Medien verbreiten oder Ihre Ergebnisse den Mitarbeitern Ihrer CFA-Society präsentieren. Werden Sie zu einem Besessenen!
Vermarkten Sie sich aggressiv
Die meisten Leute unterschätzen, wie schwierig es ist, in dieser Branche einen Job zu finden und zu behalten. Dabei sollten Sie beachten, dass die wirklich erfolgreichen Hedgefondsmanager sich Yachten leisten können. Auch die Analystengehälter fallen nicht nur wegen der hohen Arbeitszeiten so hoch aus. Vielmehr sind diese Jobs umkämpft, anspruchsvoll und schwer zu bekommen.
Die meisten Möchtegern-Portfoliomanager versuchen es nur ein paar Jahre, bekommen Probleme und geben schließlich auf. Anschließend suchen sie sich einen Job in Corporate Finance oder als Vermögensberater und geben ihren Traum auf. Wenn Sie nicht in der Lage sind, sich selbst aggressiv zu vermarkten, dann wird der Markt Sie bestrafen.
Was ich darunter verstehe, möchte ich an einigen Beispielen erläutern: Versuchen Sie jede Woche 10 bis 15 neue Leute während der Mittagspause oder zu anderen Auszeiten telefonisch zu kontaktieren. Erneuern Sie Ihre Kontakte zu alten Unifreunden und versuchen Sie über sie an neue Kontakte im Asset Management heranzukommen. Nutzen Sie das CFA-Programm nicht nur als akademische Wissensvermittlung, sondern auch als Kontaktbörse. Bringen Sie Ihre Portfoliomodelle jedes Quartal aufs Laufende, um die wirtschaftlichen Entwicklungen einzuarbeiten.
Zeit ist entscheidend
Wer er tatsächlich zu einem Portfoliomanager bringen möchte, hat nicht unendlich viel Zeit. Obgleich es nicht unmöglich ist, erst mit 30 und darüber in die Branche zu wechseln, sollten Sie sich doch darüber im Klaren sein, dass Sie nur ein Einstiegsgehalt erhalten und mit 26jährigen konkurrieren, die nur ein Motorrad und ein Girokonto besitzen, während Sie eine Hypothek, Frau und zwei Kinder haben, die Sie zweimal die Woche um 18 Uhr vom Fußballtraining abholen müssen. Arbeitgeber wissen das.
Es gibt auch keine Abkürzung zu einem Job auf der Buy-side. Je älter Sie werden, desto geringer fällt Ihre Chance auf eine der niederen Positionen aus, in denen Sie noch ausgebildet werden und die den Einstieg für einen Job im Portfoliomanagement darstellen. Daher empfehle ich Leuten mit Mitte/Ende 20 oder Anfang 30 sich aggressiv zu vermarkten.
Sara Grillo, CFA, schreibt Finanztexte für Investmentmanager mit einem Schwerpunkt auf Branding und Marketing. Früher hat sie für City National Rochdale und Lehman Brothers gearbeitet.