Im gewissen Sinne war es vorhersehbar: Nachdem sich hier eine Praktikantin über die Belästigung durch einen männlichen Vorgesetzten beklagt hat, melden sich jetzt auch jüngere männliche Banker zu Wort und beschweren sich über Schikane durch weibliche Führungskräfte – vor allem aus der Personalabteilung.
Zwei männliche Banker haben sich an Anschluss an den vorherigen Gastbeitrag der Praktikantin an uns gewandt und sich über Schikane durch Frauen in der Londoner City beschwert. Einer beschuldigt sogar eine Kollegin, ihn sexuell belästig zu haben. Ein anderer gibt an, regelmäßig Gegenstand von „unangebrachten Kommentaren und Avancen“ seitens seiner weiblichen Vorgesetzten gewesen zu sein, als er selbst noch Praktikant bei einer britischen Bank war. „Das war äußerst erniedrigend“, schreibt er. „Es herrscht die falsche Vorstellung, dass Männer keine Opfer von sexueller Belästigung werden könnten.“
Laut einem Vice President von einer US-Bank nutzen Frauen aus der Personalabteilung (und auch generell) ihre Stellung auf andere Weise aus: „Schwangere beschweren sich regelmäßig über ihre Boni. Frauen wenden sich regelmäßig an andere Frauen in der Personalabteilung, um sich über Beförderungen zu beschweren. Und einige Frauen gehen regelmäßig zur Personalabteilung, um bei Entlassungswellen bevorzugt behandelt zu werden.“
Doch im Investment Banking sind die männlichen Banker immer noch klar in der Überzahl. Auf dem Managing Director-Level wird von einem Verhältnis von 4:1 ausgegangen, was männlichen Bankern die Belästigung am Arbeitsplatz erleichtert. In den Personalabteilungen sieht dies jedoch anders aus. Nach den Angaben des Think Tanks New Financial sind 58 Prozent der Personalchefs weiblich und auch sonst scheinen die Frauen in der Mehrheit zu sein.
Andrew Pullman zählt zu den Veteranen der City und hat viele Jahre in der HR gearbeitet, bevor er sich mit People Risk Solutions selbständig machte. Ihm Zufolge seien Schikanen am Arbeitsplatz in allen Branchen ein Ausdruck von Machtmissbrauch. Die HR-Mitarbeiter sollten eigentlich darauf achten, dass die Führungskräfte ihre Macht nicht missbrauchen (was bei der besagten Praktikantin auch der Fall gewesen ist). Pullman erzählt, dass die Personalabteilung durch neue Regulierungen wie MiFID II noch an Macht gewinne. Die Zügel würden angezogen. Dadurch sollte es sowohl männlichen als auch weiblichen Führungskräften schwerer fallen, ihre Untergebenen schlecht zu behandeln.
Die Belästigung eines jüngeren Bankers durch Mitarbeiterinnen der Personalabteilung ist hingegen eine andere Sache. Da oft Frauen für die Auswahlprozesse von jüngeren Bankern verantwortlich sind, steigt auch das Potenzial von Fehlverhalten. Allerdings sind Zweifel angebracht, dass Personalabteilungen der bevorzugte Arbeitsplatz von weiblichen Raubtieren sind.