Ich bin schon lange im Geschäft – 2008 und 2001 habe ich miterlebt. In den vergangenen beiden Jahren habe ich sowohl auf der Sell- als auch auf der Buy-Side gearbeitet. Da hat man seine Erfahrungen mit turbulenten Märkten gesammelt.
Doch wenn ich mich umblicke, dann stelle ich eine Ausnahme dar. Die meisten meiner früheren Kollegen haben die Branche mittlerweile verlassen. Viele von ihnen haben ihr in den Finanzdienstleistungen verdientes Geld genommen und irgendwo anders investiert. Ich habe überlebt, weil ich ein guter Trader bin und meinen Job liebe. Mittlerweile sind meine Kollegen deutlich jünger und günstiger als ich. Ihnen mangelt es jedoch an Mentoren und Erfahrung.
Das stellt schon einen gravierenden Nachteil dar. Unter den Bedingungen der neuen EU-Richtlinie MiFID II hat die Execution deutlich an Bedeutung gewonnen und wenn es an den Märkten rund geht, wird sie noch wichtiger werden. Bei viel zu vielen der unerfahrenen Tradern handelt es sich heute um bloße Administratoren. Sie sind es gewohnt, einen Trade in einen Algorithmus einzugeben und dessen Performance am Ende des Tages anzuschauen. Falls dann etwas schief läuft, ist immer der Algorithmus schuld. Das einzige, was zählt, ist der Algorithmus.
Nahezu jeder Trader greift heute auf Algorithmen zurück. Doch die besten Trader sind gewiss nicht diejenigen, die einfach nur einen Schalter umlegen. Vielmehr verstehen die besten Trader, wie die Algorithmen tatsächlich funktionieren. Sie betrachten Algorithmen als Instrumente und sich selbst als Handwerker. Sie behalten also die Kontrolle. Sie entscheiden, wann sie den Algorithmus einsetzen, wann sie ihn einschalten und wann sie ihn ausschalten und wie sie ihn einsetzen, um ein maximales Ergebnis zu erzielen. Genau das ist es, was heutzutage einen guten Trader ausmacht.
Ein profundes Verständnis für Algorithmen, ist von entscheidender Bedeutung, um in den aktuellen Märkten zurechtzukommen. Die erfahrendsten und erfolgreichsten Trader sind diejenigen, die flink von einem zum anderen Algorithmus wechseln können und die nicht den gleichen Prozess in allen Marktumfeldern einzusetzen. Dies wiederum beherrschen die Trader alter Schule. Bei jedem einzelnen Trade beachten wir das Risiko und wir verstehen besser, wie sich Nachrichten und volkswirtschaftliche Daten auf die Märkte auswirken.
Falls Sie den Job seit Jahrzehnten ausüben, dann wissen Sie die Zeichen zu deuten, Sie erkennen die Ausnahmeaktien. Sie wissen, wie sich die Märkte nach fundamentalen und technischen Kriterien bewerten lassen, um so bessere Entscheidungen zu treffen. Und Sie wissen, wie Sie zu reagieren haben, wann Sie die Reißleine ziehen müssen und wie das richtige Timing beim Einsatz der Algorithmen aussieht. Sie sitzen turbulente und volatile Märkte nicht einfach aus und lassen die Algorithmen Ihre Arbeit erledigen. Viel zu viele Trader machen genau das. Wenn es an den Märkten rund geht, dann werden sie alle gegrillt.
Bei Raja Consul handelt es sich um ein Pseudonym. Er arbeitet als Algo-Trader bei einer US-Bank.