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GASTBEITRAG: Das größte Risiko für die Deutsche Bank ist, wenn John Cryan geht

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Was ist bei der Deutschen Bank los? Nach der heutigen Meldung der Times hat Konzernchef John Cryan nicht nur das Vertrauen des Aufsichtsrats verloren, sondern dieser ist bereits vollauf mit der Suche nach einem Nachfolger beschäftigt. Ein möglicher Kandidat, nämlich Richard Gnodde von Goldman Sachs, hat umgehend abgelehnt. Das stellt sicher keine ideale Situation dar. Was geht dort vor?

Dabei gibt es viele Gründe, wieso ein Chef vor die Tür gesetzt wird. Zunächst herrscht die Vorstellung, jeder Vorstandsvorsitzende dürfe nur eine größere Kapitalerhöhung durchführen. In dieser Hinsicht hat John Cryan seine Karten bereits mit der Ausgabe neuer Aktien im Wert von 8 Mrd. Euro im April 2017 ausgespielt. Dank dieser Kapitalerhöhung verfügt die Deutsche Bank über eine Eigenkapitalquote von 14 Prozent, obgleich die Regulierung lediglich 10,65 Prozent verlangt. Dies lässt dem Institut breiten Raum für organisches Wachstum. Allerdings dürfte dies nicht reichen, um bei einer größeren Konsolidierung der europäischen Bankenlandschaft mitzuspielen. Vielleicht ist der Aufsichtsrat der Auffassung, dass mehr Eigenkapital und ein neues Gesicht erforderlich seien, um die Bank auf den Wachstumskurs zurückzuführen. Und das, obgleich Cryan bei der Nahtoderfahrung der Deutschen Bank 2016 einen guten Job gemacht hat. Womöglich wünscht der Aufsichtsrat sogar einen aggressiveren Auftritt im US-Markt.

Das stellt aber nur eine Möglichkeit dar. Wenn der Aufsichtsrat nicht mehr an die Strategie des Vorstandsvorsitzenden glaubt, dann kann dies ein weiterer Grund sein, wieso Vorstandsvorsitzende gefeuert werden. Das größte Beben würde wahrscheinlich auslösen, wenn sich die Bank aus dem Investmentbanking zurückzöge und auf Zahlungsverkehr, das deutsche Filialgeschäft und das Firmenkundengeschäft beschränke. Dies würde einen beträchtlichen Stellenabbau nach sich ziehen. Wer im Corporate & Investment Banking des Konzerns arbeitet, sollte sich vor einem solchen Szenario fürchten.

Allerdings klingt dies ebenfalls unwahrscheinlich. Das Corporate & Investment Banking steht für mehr als die Hälfte aller Erträge. Obgleich der Bereich etwa die gleiche Eigenkapitalrendite wie die anderen Sparten aufweist (1,4 Prozent zu 2 Prozent im Private- und Firmenkundengeschäft), könnte es sich bei den Schwierigkeiten des Corporate & Investment Bankings nur um zyklische Probleme handeln. Die Erträge im Filialgeschäft fallen jedenfalls seit Menschengedenken niedrig aus, was an dem sehr wettbewerbsintensiven deutschen Markt liegt – mit seinen Sparkassen und Genossenschaftsbanken.

Darüber hinaus stehen die bisher genannten Namen für eine Cryan-Nachfolge nicht für einen größeren Strategiewechsel. Gnodde ist ein reiner Investmentbanker. Obgleich Jean-Pierre Mustier derzeit an der Spitze von Unicredit steht, stammt er eigentlich ebenfalls aus dem Investment Banking. Ähnliches gilt für Standard Chartered-Chef Bill Winters. Obgleich ein Chefwechsel einige Bereiche wie das US-Geschäft bedroht, ist ein radikaler Strategiewechsel nicht zu erwarten.

Der plausibelste Grund ist für Aktionäre besonders deprimierend: Manchmal wird ein Vorstandsvorsitzender nur wegen des „Sick Buildung Syndromes“ ausgetauscht, einer Managementkultur, die einer langfristigen Planung feindlich gegenübersteht. Die Deutsche Bank hat in den vergangenen zehn Jahren viele Führungskräfte verloren und Cryans Streit mit Aufsichtsratschef Paul Achleitner über die Beziehung zum größten Aktionär HNA sind allgemein bekannt. Ein Vorstandschef kann sich zwar mit Aufsichtsratschef oder Aktionären anlegen, nicht aber mit beiden. Falls Cryan unter Beschuss ist, weil er nur die falsche Seite des Aufsichtsrats gewählt hat, dann dürfte es schwer fallen, einen anständigen Ersatz für ihn zu finden. Das größte Risiko für die Deutsche Bank besteht derzeit darin, dass ein Kompromisskandidat wie der ehemalige Barclays-Chef Anthony Jenkins zum Zuge kommt, der mit den alten Problemen nicht in Verbindung gebracht wird und destruktive Geschäftsentscheidungen trifft, nur um überhaupt etwas zu unternehmen.

Dan Davis arbeitet als Senior Research Advisor bei Frontline Analysts. Vorher war er als Bankenanalyst bei Cazenove, der Credit Suisse und BNP Paribas tätig.


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