Die Banken geben für ihre Recruitment-Websites viel Geld aus. Doch auch wenn die Seiten hübsch aussehen, enthalten sie doch oft nur unzureichende Angaben über die tatsächlichen Voraussetzungen, die sie Berufseinsteigern abverlangen. Corporate Communications, Political Corectness und das Antidiskriminierungs-Gesetz verhindern eine ehrliche Information der Nachwuchsbanker. Daher haben wir für Studentenmessen eine Präsentation mit oft unbequemen Wahrheiten zusammengestellt:
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Es ist schon manchmal erschreckend, wie viel die Leute übers Banking wissen. Vor einiger Zeit habe ich mit einem Spitzenpolitiker einer deutschen Partei gesprochen, der maßgeblich die Bankenregulierung mitgestaltet und in seiner Partei als Experte hierfür gilt. Erstaunlich dabei: Dieser Spitzenpolitiker konnte Investment Banking, Asset Management und Filialgeschäft kaum auseinanderhalten.
Wer ins Banking einsteigt, sollte schon ein wenig mehr Wissen mitbringen. Denn nach einem Einstieg fällt es sehr schwer von einem Sektor zum anderen zu wechseln. Darüber hinaus unterscheiden sich Chancen, Karrierewege, Bezahlung und nicht zuletzt die jeweiligen Kulturen signifikant. Dazu nur ein Beispiel: Laut dem Vergütungsbericht stammten von den 1795 Risikoträgern der Deutschen Bank 2017 allein 55 Prozent aus dem Corporate and Investment Banking und sie verdienen auch noch mehr als ihre Kollegen anderswo. Während die 990 Risikoträger aus der Sparte durchschnittlich knapp 1,5 Mio. Euro einstrichen, mussten sich die 805 übrigen Risikoträger der Bank mit gut 1,1 Mio. Euro begnügen.
Allerdings sollten Nachwuchsbanker nicht nur auf die Bezahlung starren. Vielmehr ist es für eine erfolgreiche Karriere entscheidend, dass Sie sich darüber klar werden, ob die Kultur und die Anforderungen tatsächlich zu ihnen passen. Träumen Sie also nicht nur vom Job, sondern werden Sie sich auch über seine Realitäten klar. So sind Arbeitszeiten von 80 Stunden die Woche im Investment Banking die Regel und nicht die Ausnahme.
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Weiter sollten sich Einsteiger über die einzelnen Geschäftsgebiete, Sektoren und ihre Eigenarten informieren, bevor sie sich für irgendetwas entscheiden. So wird im Investment Banking z.B. das Kapitalmarktgeschäft und die Investment Banking Division unterschieden. Das erste besteht im Verkauf und Handel (Sales & Trading) von Aktien (Equities), Anleihen (Fixed Income, Bonds), Währungen (Forex, FX), Rohstoffen (Commodities) und den dazugehörigen Derivaten.
Dagegen führt in der Investment Banking Division das sogenannte Equity Capital Markets Börsengänge und Kapitalerhöhungen von Unternehmen durch, während Debt Capital Markets z.B. Unternehmensanleihen auflegt. Hinzu kommt das Beratungsgeschäft bei Fusionen und Übernahmen. Alle diese Bereiche verfügen über beträchtliche Unterschiede in den Geschäftsmodellen, den Karrierechancen und dem Anforderungsprofil an ihre Mitarbeiter.
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Schon vor einer Bewerbung sollte sich jeder Einsteiger also über den bankeneigenen Jargon klar werden. Dies betrifft auch die Hierarchie in einer Bank. So werden klassischerweise Front, Middle und Back Office unterschieden. Das Front Office steht im Kundenkontakt – daher der Name – und sorgt für die Erträge. Entsprechend üppig fallen die Vergütungen aus. Das Back Office beschäftigt sich wiederum maßgeblich mit Administration und Abwicklung. Für Banken stellt dies nur einen Kostenfaktor dar, den es möglichst zu drücken gilt. Irgendwo dazwischen rangiert das Middle Office, das sich z.B. mit Risikomanagement und Regulierungsfragen, die sogenannte Compliance, beschäftigt. Dieser Bereich hat seit der Finanzkrise eine deutliche Aufwertung erfahren – eine Entwicklung, die anhält.
Bei dieser Einteilung handelt es sich gewissermaßen um ein Kastensystem. Es fällt also Bankern aus dem Middle oder Back Office äußerst schwer ins Front Office aufzusteigen.
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Mir haben schon Leute gesagt: „Pass auf, da kommt der Vizepräsident der Deutschen Bank!“. Was war geschehen? Ein Vice President der Großbank war vorbeispaziert. Bei einem Vice President handelt es sich jedoch nur um einen mittleren Karrierelevel im Banking, wovon es allein bei der Deutschen Bank tausende gibt. Jeder Einsteiger sollte die Karrierelevel kennen, um zu wissen, ob sein Gegenüber z.B. in einem Vorstellungsgespräch wichtig (Managing Director) oder unwichtig (Associate) ist. So werden Berufseinsteiger im Investment Banking in den ersten drei Jahren als „Analysts“ bezeichnet, auch wenn sie sich niemals mit Aktienanalyse beschäftigt haben. Dagegen handelt es sich bei einem Managing Director um einen Abteilungsleiter.
Viele Abiturienten denken lange über den Studiengang nach und verschwenden kaum eine Minute auf die Auswahl der Uni. Das ist eine sehr deutsche Herangehensweise. Im angelsächsischen Raum spielt dagegen die Uni die entscheidende Rolle. Dort wundert sich z.B. niemand, dass dem Präsidenten der renommierten CFA Society Paul Smith nach einem Master-Abschluss in Geschichte eine fulminante Karriere in Asset Management gelang – denn Smith hat in Oxford studiert. Mit dem Abschluss einer weniger renommierten Uni wäre ihm die gleiche Karriere womöglich nicht gelungen.
Auch in Deutschland spielt die richtige Uni eine immer größere Rolle. So hat beispielsweise eine Frankfurter Headhunterin für eFinancialCareers ausgewertet, von welchen Hochschulen die jüngeren Mitarbeiter im M&A-Geschäft der Top-Investmentbanken stammen. Dabei kam heraus, dass nur eine Handvoll von Hochschulen hier eine Rolle spielt. Es herrschen also auch in Deutschland gewisse Seilschaften, die Absolventen von „außerhalb“ einen Karrierestart erschweren. Vom Rentenfonds Pimco wird sogar berichtet, dass er auch in Deutschland für Sales nur Kandidaten mit einem MBA von einer der besten US-Business School berücksichtigt.
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Banken und auch andere Arbeitgeber verfügen regelmäßig über eine Liste von Zielunis, von denen sie bevorzugt einstellen. Leider behandeln sie diese Listen zumeist vertraulich. Dennoch lassen sich die jeweiligen Zielunis oft indirekt erschließen. Denn sobald eine Bank bei Campus-Events einer Hochschule auftritt, dann liegt die Chance hoch, dass es sich um eine Zieluni handelt.
Wie eine solche Liste aussehen kann, zeigt das Beispiel des Rückversicherungskonzerns Munich Re, die uns vorliegt, allerdings schon etwas älter ist. Dabei handelt es sich um eine recht überschaubare Liste von renommierten in- und ausländischen Unis, die interessante Übereinstimmungen mit der M&A-Liste aufweisen. Hinzu kommen indes Hochschulen mit einer Expertise in Versicherungs- und angewandter Mathematik.
Schon die Ortswahl ist relevant: Wer eine Karriere im Investmentbanking anstrebt und an der Uni Potsdam studiert, hat einen kaum aufholbaren Standortnachteil. Denn die Musik spielt in und um Frankfurt.
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Bewerbungen von Studenten und Absolventen werden zunächst von der Personalabteilung vorsortiert. Wie kompetent die jeweiligen HR-Mitarbeiter sind, sei dahingestellt. Umso wichtiger ist es, dass diese einige zentrale Punkte abhaken können. So fordern Banken regelmäßig einen passenden Studienschwerpunkt, ein einschlägiges Praktikum, einen Auslandsaufenthalt von mehr als drei Monaten sowie gute Englischkenntnisse, die übers Schulniveau hinausgehen. Studenten sollten also schon früh dafür sorgen, dass die HR-Mitarbeiter ihre Häkchen machen können – ohne lange nachdenken zu müssen.
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Viele Studenten unterschätzen, welche Vielfalt es bei Praktika oder ähnlichen Tätigkeiten gibt. So bieten angelsächsische Investmentbanken jedes Jahr sogenannte „Summer Internships“ an, für die sich ein Studetent zumeist bis zum Ende des Vorjahres bewerben muss. Am Ende eines solchen Praktikums wird regelmäßig der Mehrheit der Praktikanten, ein Übernahmeangebot vorgelegt. Wer es also in ein solches Praktikums schafft, hat zumindest schon einmal einen Fuß in der Tür. Ebenfalls im angelsächsischen Raum sind „Spring Weeks“ üblich. Dabei handelt es sich um Schnupperpraktika über ein oder zwei Wochen. Wer daran teilnimmt, erhöht seine Chancen auf ein „Summer Internship“. Daneben gibt es noch mehrmonatige Praktika nach deutschem Stil, die oft sogar über Stellenanzeigen ausgeschrieben werden.
Wichtig dabei: Es gibt so etwas wie Praktikums-Karrieren. Wer also zunächst nur ein Praktikum bei einer zweitrangigen Adresse findet und absolviert, erhöht seine Chancen später bei einer erstrangigen Adresse ein Praktikum zu erhalten. Mittlerweile sind vier Praktika in begehrten Bereichen wie dem Investment Banking oder der Strategieberatung ebenfalls eher die Regel als die Ausnahme.
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Wer in einem wachsenden Geschäftsbereich seine Karriere startet, hat deutlich höhere Aufstiegschancen als in einem schrumpfenden Segment. Das Dumme dabei: Das kann sich rasch ändern. Derzeit werden beispielsweise in den Bereichen Regulierung, Risikomanagement, Beratung und IT Personal gesucht.
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Dagegen nehmen die Stellen in der Aktienanalyse, im Handel mit Aktien und in der administrativen Abwicklung tendenziell ab. Wer weiß, wo es auf und ab geht, und sich entsprechend positioniert, hat jedenfalls einen veritablen Karrierevorteil.
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Vor allem Großbanken erwarten, dass sich Studenten online bewerben. Von den Kandidaten in der engeren Auswahl werden oft mathematische und psychische Online-Tests verlangt. Bevor Sie daran teilnehmen, sollten Sie sich mit Tools im Internet oder einschlägigen Ratgebern vorbereiten, was die Chancen kräftig erhöht.
Und noch ein Tipp zu den Assessment-Centres: Präsentieren Sie sich als Macher, lassen sie aber niemals einen anderen Teilnehmer dumm dastehen. Denn die Banken wollen erfahren, ob Sie ein Team-Player sind. Wer also den Assessment-Centre-Rambo spielt, hat schon verloren.
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Nur einige wenige Tipps zu den Bewerbungsunterlagen: Jeder Lebenslauf ist nur so gut, wie er auf die Stelle passt, für die Sie sich bewerben. Der Lebenslauf muss also bei jeder neuen Bewerbung überarbeitet werden. Dabei sollten die Abschnitte im Lebenslauf, die mit dem Anforderungsprofil übereinstimmen, detailliert herausgearbeitet werden. Dagegen sollten irrelevante Stationen in Ihrem Werdegang nur kurz behandelt werden. Allerdings dürfen bei dieser Ziehharmonika-Strategie keine Lücken entstehen. Solche wecken immer den Verdacht des Arbeitgebers. Bei unschönen Stellen im Werdegang ist Kreativität gefragt und lügen verpönt.
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Einige Fragen sind im Vorstellunggespräch ebenso vorhersehbar wie das Amen in der Kirchen. Meist verlangen die Arbeitgeber beim Einstieg: „Erzählen Sie uns doch etwas von sich selbst“. Dann kommt der sogenannte Elevator Pitch zum Einsatz, den Sie vorab intensiv trainieren sollten. Übliche Fragen sind auch: Welches sind Ihre Stärken, Schwächen oder Leistungen… So mancher hegt den Verdacht, dass sich derartige Fragen nur sinnarm beantworten lassen. Auch wenn das der Fall sein sollte, kann man sich hierauf leicht vorbereiten.
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Zuletzt noch einige persönliche Tipps: Vor allem begehrte Arbeitgeber stellen hohe Anforderungen an Einsteiger. Die Auswahlkriterien stellen jedoch kein Geheimnis dar. Wer also schon früh anfängt, Praktika, Studienschwerpunkte, Auslandsaufenthalte und Qualifikationen zu sammeln, hat es beim Einstieg leichter, die erforderlichen Kriterien vorzulegen.
Ähnliches gilt für Vitamin B: Viele Stellen – auch Einstiegspositionen – werden mit der Unterstützung von persönlichen Netzwerken besetzt. Wenn Sie z.B. zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden und irgendjemanden aus dem fraglichen Geschäftsbereich (oder von der Konkurrenz) kennen, dann können Sie ihn zumindest um ein paar Hintergrundinfos bitten.
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