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ANALYSE: Vier Gründe, wieso die Chaostage bei der Deutschen Bank weitergehen

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Ein Befreiungsschlag sieht anders aus. Noch kurz vor Mitternacht hat der Aufsichtsrat der Deutschen Bank den Privatkundenvorstand Christian Sewing zum neuen Vorstandsvorsitzenden ernannt. Seine Stellvertreter sind der bisherige Co-Chef des Investment Bankings Garth Ritchie und Personalvorstand Karl von Rohr. Ritchie soll künftig allein das Investment Banking leiten. Noch vor wenigen Tagen wurde von den Medien berichtet, Ritchie würde die Bank verlassen. Jetzt wird er befördert. Nicht der einzige Hinweis, dass es bei der Deutschen Bank mehr als turbulent zugeht. Es gibt gleich mehrere Gründe, wieso die Chaostage noch lange nicht vorbei sind:

1. Demontage des besten Vorstandschefs der Deutschen Bank seit Jahren

Der scheidende Vorstandschef John Cryan musste in seinen drei Jahren an der Konzernspitze drei Verlustjahre vermelden. Grund genug für einen Rausschmiss? Sicher nicht. Denn 2015 musste der Konzern eine Abschreibung in Höhe von 5,8 Mrd. Euro vornehmen und die Einigung mit der US-Justiz im Dezember 2016 schlug mit weiteren 3,1 Mrd. Euro zu Buche und dabei handelt es sich nur um einen Teil der Kosten für Rechtsstreitigkeiten. Für diese Verluste waren jedoch Cryans Vorgänger Josef Ackermann und Anshu Jain verantwortlich, die weder die erforderlichen Abschreibungen noch Rückstellungen getätigt haben. Der Verlust im Jahr 2017 geht wiederum auf die US-Steuerreform zurück. Dass ein Vorstandschef für die Fehler seiner Vorgänger gefeuert wird, ist sicherlich ein Grund, wieso kein externer Spitzenbanker Cryans Job haben wollte.

2. Christian Sewing ist nur Verlegenheitslösung

Bereits vor zwei Wochen sickerte die Nachricht durch, dass Aufsichtsratschef Paul Achleitner einen Nachfolger für Cryan sucht. Der Chef von Goldman Sachs International in London Richard Gnodde hat Achleitner jedenfalls nach Medienberichten einen Korb erteilt.

Mit dem ehemaligen Privatkundenvorstand Sewing tritt ein Manager an die Spitze der Deutschen Bank, der so gar nicht zum langjährigen Muster passt. Seine Vorgänger Ackermann, Jain und Cryan waren nicht nur sämtlich Investmentbanker, sondern brachten auch Spitzenabschlüsse der Uni St. Gallen (Ackermann), einen MBA der Uni Massachusetts (Jain) sowie der Uni Cambridge (Cryan) mit. Sewing ist dagegen gelernter Bankkaufmann und hat an Bankakademien in Bielefeld und Hamburg studiert. Ob Sewing der Richtige ist, um das kriselnde Investment Banking der Deutschen Bank auf Vordermann zu bringen, scheint vor diesem Hintergrund als fraglich.

3. Keine strategische Neuausrichtung absehbar

Mit der Bestellung Sewings zum neuen Kozernchef scheint keine strategische Neuausrichtung einherzugehen. In seinem Dreipunkteplan, den Sewing in einem Brief an die Mitarbeiter skizziert, wird eine Überarbeitung der Strategie nicht einmal angedeutet. Vielmehr scheint die Bank auch weiterhin nur auf die Kostenbremse treten zu wollen, womit Sewing tatsächlich als ehemaliger Leiter der Konzernrevision der Richtige ist. Vorsorglich stellte der neue Chef das Kostenziel von 23 Mrd. Euro für 2018 als „nicht verhandelbar“ hin. Dabei hatte Cryan ausgerechnet in dieser Disziplin brilliert. Immerhin sanken die jährlichen Kosten während seiner Zeit an der Spitze der Deutschen Bank von 38,7 Mrd. Euro 2015 auf nur noch 24,7 Mrd. Euro 2017. Also muss Sewing 2018 noch 1,7 Mrd. einsparen.

4. Das strategische Dilemma der Bank ist ungelöst

Die spannendste Frage der nächsten Wochen und Monate wird sein, ob sich die Deutsche Bank aus ihrem Fixed Income-Geschäft in den USA zurückziehen wird oder nicht. Dies stellt keine Detailfrage dar, denn bei den USA handelt es sich um den mit Abstand größten Investment Banking-Markt der Welt und beim Handel mit festverzinslichen Wertpapieren um die Investment Banking-Sparte mit dem höchsten Ertragspotenzial. Doch genau hier konnte die Deutsche Bank zuletzt kaum noch mit der übermächtigen einheimischen Konkurrenz der US-Investmentbanken mithalten. Ob ihr jemals der Anschluss gelingen wird, ist fraglich, schließlich muss es einen Grund dafür geben, wieso sich die übrigen ausländischen Banken aus diesem Geschäft weitgehend zurückgezogen haben. So hat beispielsweise die UBS schon vor Jahren quasi über Nacht 10.000 Mitarbeiter vor die Tür gesetzt und sich von dem Geschäft verabschiedet.

Doch während die UBS mit ihrem Wealth Management und dem höchst lukrativen Schweizer Filialgeschäft schönes Geld verdienen kann, bleibt der Deutschen Bank ein ähnlicher Weg versperrt. Während das Corporate and Investment Banking 2017 vor Steuern 843 Mio. und das Asset Management 720 Mio. verdienten, waren es im von Sewing verantworteten Filialgeschäft gerade einmal 359 Mio. Euro. Nur zum Vergleich: Die vergleichsweise kleine Online-Bank ING Diba hat 2017 fast 1,3 Mrd. vor Steuern verdient. Angesichts des umkämpften Marktes, sind die Gewinnperspektiven der Deutschen Bank im Filialgeschäft allerdings sehr begrenzt.

Die Deutsche Bank kann sich also nicht leichten Herzens vom Fixed Income-Geschäft trennen. Denn seit Jahrzenten hat sie es versäumt, ein lukratives Geschäft außerhalb des Investment Bankings aufzubauen. Der Wechsel an der Konzernspitze wird daran nichts ändern und die Chaostage bei der Deutschen Bank dürften weitergehen.


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