In etwa zwei Monaten werden die diesjährigen Sommerpraktikanten in den Investmentbanken eintreffen. Nachdem ich während meiner Bankingkarriere bereits einige Praktikantenjahrgänge miterlebt habe, weiß ich bereits jetzt, wie der kommende Jahrgang aussehen wird: Sie werden engagiert sein, ihre Vorgesetzten über LinkedIn identifizieren und alle möglichen begeisterten Kommentare über ihre Erfahrungen posten – allesamt mit Hashtags wie #banking, #wallstreet, #wolfofwallstreet, #finance und so weiter.
Nach 24 Monaten sieht das ganz anders aus. Die einstiegen lachenden Milchgesichter, die nach einem Einstiegsangebot streben, werden die Farbe von Abwaschwasser und das durchfurchte Antlitz von Seglern nach einer unangenehmen Reise angenommen haben.
Ich weiß, wovon ich spreche. Die Wandlung habe ich schon oft gesehen.
Besonders in den Vereinigten Staaten war es in der Vergangenheit üblich, dass diese jungen Banker nach zwei Jahren abmusterten, um einen MBA zu absolvieren. Seitdem Goldman Sachs ihr zweijähriges Analystenprogramm 2012 für unbefristete Verträge aufgegeben hat, kommt das seltener vor. Nach meiner Erfahrung bei einer US-Bank – nicht Goldman Sachs – verlassen dennoch viele Leute nach zwei Jahren das Banking.
Aber warum? Der Grund ist einfach: Ihr Job entpuppt sich nicht als das, was sie erwartet haben. Es handelt sich um so etwas wie ein Lockvogelangebot: Man wird mit einer Sache gelockt und erhält etwas anderes.
Um im Banking voranzukommen, muss man sich einschleimen. Wer im Handelssaal anfängt, von dem werden Zubringerdienste wie das Besorgen von Frühstück und das Ausliefern von Mittagessen an Kunden verlangt. Wer in Corporate Finance arbeitet, der muss der erste sein, der bei der Arbeit erscheint, und der letzte, der nachhause geht. Wer glaubt im Front Office anzufangen, findet sich rasch in einer Support-Funktion wieder. Das gilt besonders, wenn Sie die Person auf dem falschen Fuß erwischen, die darüber entscheidet, wo Sie landen.
Weiter gibt es das noch das Thema IT. Banken geben Milliarden für IT aus, was allerdings nicht bedeutet, dass sie auf der Höhe der Zeit sind. Bei vielen Banken läuft noch Software, die andere Branchen schon seit Jahren eingemottet haben, was Nachwuchsbanker fassungslos zurücklässt. Sie erwarten etwas Besonderes und ihnen werden Telefone mit Wählscheiben überreicht.
Es dauert eine Weile, bis die Fassade abbröckelt. Doch sobald die jungen Banker erst einmal aufwachen und erkennen, worauf sie sich eingelassen haben, reagieren sie panisch. Doch Jobs in Sales and Trading in einer Wertpapierabteilung einer Bank stellen keine gute Vorbereitung für eine Karriere in einer anderen Branche dar. Wer zu lange bleibt, endet rasch in einer Sackgasse. Sobald sich diese Erkenntnis erst einmal durchgesetzt hat, suchen die jungen Banker verzweifelt nach dem ehrlichen Rat ihrer Vorgesetzten. Falls Sie den Eindruck gewinnen, dass Sie dafür offen sind, dann teilen sie ihre Zukunftssorgen mit Ihnen. Meistens wollen sie etwas anderes machen.
Doch was kann das sein? Wer in Corporate Finance arbeitet, kann immer noch zu Private Equity wechseln. Doch den Fuß in einen Private Equity-Fonds zu bekommen, erweist sich zunehmend als Mission Impossible. Wer es dennoch schafft, wird rasch erkennen, dass sein neuer Job ebenso viel Jonglieren mit Excel-Tabellen einschließt wie ihr alter. Zwar kann man auch zu Fintechs wechseln, doch die Bezahlung fällt dort mickrig aus und die Zukunft trübe. Dann gibt es noch das Consulting oder aber der gesamte Rest. Ich habe schon gesehen, wie Leute Restaurants oder Fast Food-Läden aufgemacht haben. Auch habe ich gesehen, wie junge Banker aus reichem Elternhaus die Welt bereist haben, zurückgekommen sind und ihren Master erworben haben. Nachdem sich ihr Idealismus verflüchtigt hatte, sind sie schließlich ins Banking zurückgekehrt.
Für Banken stellt dies schon ein Problem dar. Denn sie geben viel Geld aus, um diese Leute einzustellen und auszubilden. Zwei Jahre Arbeit stellen keinen Ausgleich für diese Investition dar. Die Banken wollen, dass die jungen Leute bleiben. Gemeinsam sind die jungen Leute in einer starken Position, um einen Wandel herbeizuführen, interessantere Arbeit und kürzere Arbeitszeiten zu verlangen. Wenn ein Großteil nach nur zwei Jahren wieder geht, wird sich nie etwas ändern: Die Banken stellen einfach einen neuen Absolventenjahrgang ein und alles beginnt von vorn – und genau das wird passieren, wenn die Praktikanten im Juni eintreffen.
Sam Birkhead ist ein Pseudonym. Er arbeitet als Vice President bei einer US-Investmentbank.