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Inside der „dysfunktionalen“ IT-Abteilung der Deutschen Bank

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Keinen Monat, nachdem sie die IT der Deutschen Bank als „überaus komplex“ und „den dysfunktionalsten Ort“, an dem sie je gearbeitet habe, bezeichnet hat, verlässt IT-Chefin Kim Hammonds im „gegenseitigen Einverständnis“ den Konzern. Laut Aufsichtsratschef Paul Achleitner hat Hammonds „frischen Wind“ in die Bank gebracht. Doch so ganz frisch scheint der Wind nicht gewesen zu sein.

Hammonds Hauptaufgabe bestand im Aufräumen der höchst komplexen Systemstruktur der IT. Zur „Strategie 2020+“ von Ex-Deutsche Bank-Chef John Cryan gehörte eine Reduzierung Systeme von 45 auf vier und eine Abschaffung von 6000 Contractor-Stellen. Doch zweieinhalb Jahre später laufen bei der Deutschen Bank immer noch 32 Systeme und Contractor bezeichnen die Bank als „toxisch“.

Doch wieso gibt es bei der Deutschen Bank überhaupt derart viele Softwarelösungen? „Die Leute bei der Deutschen Bank liebten es, kleine Gruppen aufzustellen, die ihre eigenen Miniplattformen für Entwicklungen aufsetzten“, erzählt eine IT-Führungskraft, die sieben Jahre für den Konzern gearbeitet hat. „Beispielsweise wurde eine Plattform von den Leuten aufgesetzt, die sich mit ,Exotics‘ beschäftigen. Dann kam irgendeiner an und fand sie gut, wollte aber seine eigenen Funktionen haben. Sie haben also ‚Verbesserungen‘ durchgeführt, was letztlich zu zwei verschiedenen Plattformen führte, die nicht mehr miteinander kommunizieren. Jedes mit seiner kleinen Lehnsherrschaft.“

Während seiner Zeit bei der Deutschen Bank sei es darum gegangen, die Plattformen zurechtzustutzen: „Das stellte eine Sisyphusarbeit dar. Sie werden eine los und die nächste taucht irgendwo auf.“ Trotz der Anstrengungen vieler IT-Leute drohte die Konzern-IT daher 2015 außer Kontrolle zu geraten und Cryan hat sie selbst als „lausig“ bezeichnet.

Neben den über 40 Lösungen unterhielt die Bank allein in London 100 verschiedene Buchungssysteme für ihr Trading. Laut Cryan gab es Hardware, die nicht länger unterstützt wurde, Software, die nicht länger funktionierte, weil sie nur auf dieser Hardware lief usf. „Es gab keine Integration und die Dokumentation war ein Albtraum. Die Trader zwischen den einzelnen Teams der Investmentbank wurden auf verschiedenen Systemen gebucht, was es schwierig machte, schon bei einer einzelnen Transaktion das Risiko abzuschätzen, dem wir ausgesetzt waren“, erzählt ein Insider.

Dies war die Ausgangssituation, die Hammonds und ihr Team für Cryan lösen sollte. Fast drei Jahre sind seither vergangen und tatsächlich gibt es einige Erfolge zu vermelden. Immerhin 13 der einst 45 Systeme konnten abgeschaltet werden und ein neues Kurs- und Risikofindungssystem wurde eingeführt. Darüber hinaus wurde eine neue Cloud-Plattform installiert.

Dennoch berichten Insider von anhaltenden Problemen. So betreibe die Bank immer noch verschiedene Plattformen für den Handel von Aktien, festverzinslichen Wertpapieren und Währungen. „Diese drei Systeme sind Ungeheuer“, sagt ein Insider. „Es lässt sich kaum absehen, wie angesichts der hochkomplizierten Produkte diese drei Systeme jemals zusammengefügt werden können.“ Bei den 13 eliminierten Systemen scheint es sich um die schlichteren gehandelt zu haben. Was bleibt, sind die besonders komplizierten Fälle.

Darüber hinaus wird die Rationalisierung der IT durch die bankinterne Politik behindert. Aus diesem Grund betonte Cryan, jedes einzelne Computersystem umstellen zu wollen. Ansonsten würden die Leute versuchen, an ihren liebgewonnen Altsystemen festhalten zu wollen.

Ein Grund für den Abgang Cryans bestand anscheinend darin, dass er sich gegenüber einigen Managern nicht durchzusetzen vermochte. „Die Systeme abzubauen, wird künftig deutlich schwerer fallen“, meint ein Insider. „Die Leute, die diese Systeme kontrollieren, wollen nicht, dass sie abgeschafft werden. Es dreht sich alles um Politik.“ Durch den beherzten Abbau von Contractorn habe sich die Bank in der Szene unbeliebt gemacht, was die Angelegenheit nicht gerade vereinfache. Denn die Rationalisierung von Systemen wird am besten von Außenseitern erledigt, die keine Interessen am Status quo haben. „Wir haben einfach im Contractor-Markt keine hohe Reputation“, meint einer.

Hammonds Job ist also von Anfang an kein Zuckerschlecken gewesen. „Es handelte sich beinahe um eine unlösbare Aufgabe, die Herausforderungen unter den gegebenen Kosten- und Ertragsrestriktionen zu erledigen“, sagt ein Insider.

„Hammonds war innovativ, aber sie konnte die ihr übertragene Aufgabe nicht erledigen“, meint ein anderer. „Also sitzen wir hier und warten, was als nächstes passiert.“


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