Etwa jeder zweite Investment Banking-Einsteiger verlässt nach wenigen Jahren die Branche. Die meisten zieht es ins Private Equity, obgleich immer mehr Wechsler dort schlechte Erfahrungen gesammelt haben und zurückwollen. Eine Alternative stellt der Wechsel zu den M&A-Abteilungen von Großunternehmen dar, was zudem ganz neue Karriereperspektiven eröffnet. Konkret:
1. Jeder DAX-Konzern hat mittlerweile seine eigene M&A-Abteilung
„Jeder der 30 DAX-Konzerne besitzt eine M&A-Abteilung. Und bei den MDAX-Unternehmen dürfte es kaum anders sein“, schätzt Headhunter Jan Graffelder von Look & Graffelder in Frankfurt, der u.a. M&A-Experten für DAX30-Unternehmen sucht. „Die Größe der Teams fällt allerdings sehr unterschiedlich aus: von sechs bis 40 M&A Mitarbeitern ist alles dabei.“ Bayer habe beispielsweise durch die Übernahme des US-Rivalen Monsanto derzeit reichlich Bedarf.
2. Die interessanten Perspektiven
Im Investment Banking gelangt nur eine kleine Minderheit bis zum Managing Director. Für die meisten endet die Karriere auf dem Vice President-Level. Das muss nicht sein. Laut Graffelder gibt es in der Corporate M&A besonders attraktive Alternativen. „Nach einigen Jahren in der Corporate M&A eines Unternehmens besteht die Möglichkeit ins Management eines akquirierten Unternehmens zu wechseln“, erzählt Graffelder.
„Wer auf die Corporate-Seite wechselt, eröffnet sich damit ganz neue Karriereperspektiven“, bestätigt Headhunter Thomas von Ciriacy-Wantrup von Fricke Finance & Legal in Frankfurt. Es gehe nicht darum, bis zur Rente in der Corporate M&A zu bleiben. Vielmehr böten sich mittelfristig breite Entwicklungsperspektiven im Business Development, in strategischen Aufgaben, den Finanzabteilungen oder in klassischen Managementtätigkeiten. „Auf der Corporate-Seite ist man nicht mehr nur der Berater, sondern kann selbst etwas anstoßen und sieht die Resultate.“
3. Wechsel muss frühzeitig angegangen werden
Laut Graffelder nehmen die Chancen auf einen erfolgreichen Wechsel vom Investment Banking zu Corporate M&A mit zunehmenden Senioritätslevel sukzessive ab. „Die Position eines Head of M&A wird fast immer intern besetzt“, sagt Graffelder. Selten würden M&A-Experten mit acht bis zehn Jahren M&A-Erfahrung gesucht. „Die meiste Nachfrage herrscht nach jungen Investmentbankern mit zwei bis sechs Jahren Berufserfahrung“, versichert Graffelder. Ein Wechsel sollte also frühzeitig in der Karriere erfolgen.
Nach den Erfahrungen von Ciriacy-Wantrup fallen die Chancen bei Investmentbankern mit drei bis maximal zehn Jahren Berufserfahrung am besten aus. Jenseits des Vice President-Levels sähe es indes schlecht aus. „Ich habe schon gesehen, dass ein Unternehmen einen Head of M&A gesucht hat, aber das ist die absolute Ausnahme“, sagt der Headhunter. „Die größten Chancen bestehen auf dem Associate-Level.“
4. Corporates heuern gerne von Tier 1- oder Tier 2-Banken ab
Zumindest die DAX30-Unternehmen zeigen sich nach Graffelders Erfahrung wählerisch. Die besten Chancen hätten junge Investmentbanker von Instituten wie Goldman Sachs oder Morgan Stanley, die sogenannten Tier 1-Banken. „Aber auch Leute von großen europäischen Investmentbanken wie BNP Paribas, HSBC oder Deutscher Bank hätten gute Chancen“, erzählt der Headhunter. Darüber hinaus würden die DAX30 auch noch von den Big 4 sowie den M&A-Abteilungen anderer Großunternehmen anheuern.
5. Breite Transaktionserfahrung erforderlich
Da die Aufträge aus dem eigenen Unternehmen stammen, spielen Marketing und „Pitching“ in der Corporate M&A naturgemäß eine geringere Rolle. „Hier steht die ‚Execution‘ im Vordergrund“, betont von Ciriacy-Wantrup. Unternehmen würden breite Erfahrung in der Durchführung einer ganzen Transaktion verlangen. „Das wollen Unternehmen im Track-Record lesen“, sagt von Ciriacy-Wantrup. Naturgemäß seien dies meist kleinere Transaktionen. „Wenn ein junger Kandidat schreibt, dass er an der Übernahme von Porsche durch VW beteiligt war, weiß jeder, dass er nur zugearbeitet hat“, warnt von Ciriacy-Wantrup. „Da die Transaktionsvolumen in Corporate M&A oft kleiner seien, werde Mitarbeitern eine größere Projektverantwortung abverlangt“, ergänzt der Headhunter. „Von daher ist auch Verhandlungserfahrung sehr wichtig.“
6. Branchenexpertise wird auf Junior-Niveau nicht verlangt
Wer zu einem DAX30-Unternehmen wechseln will, muss nicht unbedingt einschlägige Branchenexpertise mitbringen. „Die meisten Investmentbanken in Deutschland arbeiten sowieso mit Junior-Pools und die Sector-Teams sitzen häufig in London“, erzählt Graffelder. „Allerdings erwarten die Unternehmen, dass man Interesse für die Branche mitbringt und bereit ist sich einzuarbeiten.“
Dagegen müssten Führungskräfte natürlich profunde Kenntnisse des Unternehmens und der Branche besitzen. Dies sei ein wichtiger Grund, wieso die meisten Head of M&A-Positionen intern besetzt werden.
7. Die Gehälter fallen signifikant geringer aus
Keine Frage, im Investment Banking klingelt die Kasse lauter als in Corporate M&A. Im Private Equity liegen sie zwar etwas unter denen im Investment Banking, aber deutlich über denen in der Corporate M&A. Je nach Unternehmen beziffert Graffelder die Gehaltsspanne bei Managern M&A, was etwa dem Associate im Investment Banking entspricht, auf 80.000 bis 120.000 Euro. Beim Director M&A, was etwa einem Vice President gleicht, seien es 120.000 bis 160.000 Euro. „Diese Zahlen enthalten bereits eine kleine variable Komponente, die aber relativ sicher ist“, kommentiert Graffelder. Mit 10 bis 15 Prozent fielen die Boni in Corporate M&A deutlich niedriger als im Investment Banking aus.
„Die Fixgehälter liegen in Corporate Finance gar nicht so viel unter denen im Investment Banking. Manchmal wird sogar etwas mehr gezahlt“, entgegnet indes von Ciriacy-Wantrup. Allerdings seien im Corporate Finance lediglich Boni von 20 bis 25 Prozent drin. „Die Peaks bei den Bonuszahlungen wie im Investment Banking gibt es einfach nicht. Die Vergütung muss sich eben an die Struktur des Unternehmens halten.“
8. Bessere Work-Life-Balance
Eine Hauptmotivation für den Wechsel von Investmentbanken zu Großunternehmen stellen die kürzeren Arbeitszeiten dar. „Zwar handelt es sich ebenfalls um keinen Nine-to-Five-Job, dennoch fällt die Work-Life-Balance deutlich besser als im Investment Banking aus“, versichert Graffelder.
„Die Arbeitszeiten fallen schon deutlich geringer aus“, bestätigt von Ciriacy-Wantrup. Vor allen an Wochenenden und in der Nacht werde weniger gearbeitet.
9. Die Persönlichkeit muss stimmen
„Die Persönlichkeit muss zur Corporate-Kultur passen, darauf legen die Unternehmen großen Wert“, betont von Ciriacy-Wantrup. „Wer sich gemäß den einschlägigen Investmentbanker-Klischees verhält, hat keine Chance. Man kann nicht um 3 Uhr nachts eine E-Mail abschicken und erwarten, dass die dann schon um 8 Uhr abgearbeitet wurde.“ Die Arbeitskultur in Unternehmen falle meist etwas ruhiger und langsamer als im Investment Banking aus. Einige Wechsler würden mit dem Kulturbruch nicht zurechtkommen, erzählt von Ciriacy-Wantrup: „Daran sind schon einige Investmentbanker bei Corporates gescheitert.“
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