Wer als Student ins Banking einsteigen möchte, sollte heute lieber die Financial Times nicht aufschlagen. Denn nach den dort angegebenen Zahlen liegt die Erfolgschance oft bei weniger als 1 Prozent. Demnach kommen bei der Deutschen Bank beispielsweise 110.000 Bewerbungen auf gerade einmal 619 Einstiegsjobs für Studenten. Bei Citi waren es exakt 60.671 Bewerbungen auf 575 Jobs und bei Morgan Stanley etwa 100.000 Bewerbungen auf 1000 Stellen. Mit anderen Worten, das Verhältnis rangiert irgendwo zwischen 1:100 bei Morgan Stanley und 177 bei der Deutschen Bank.
So ganz neu ist das nicht. Bereits vor zwei Jahren sind bei Goldman Sachs 223.849 Bewerbungen weltweit auf die Analysten- und Praktikanten-Stellen eingegangen. Dabei scheint es von Jahr zu Jahr schwieriger zu werden, einen Einstiegsjob zu finden. Da in einigen Ländern wie etwa Großbritannien die Studenten mit immer höheren Schulden die Uni verlassen, sind Banken mit ihren überdurchschnittlichen Gehältern für sie besonders attraktiv. Während die Zahl der Bewerbungen bei der Deutschen Bank noch einmal zulegten, sank die Zahl der Einstiegsjobs für Studenten aufgrund der Restrukturierung von 813 im Jahr 2016 auf 619 im vergangenen Jahr, wie der Personalbericht verrät.
Allerdings stellt das noch keinen Grund zum Aufgeben dar, obgleich die Quote bei Beratungsunternehmen wie den Big 4 – um nur vier Beispiele zu nennen – signifikant besser ausfällt. Es gilt allerdings einiges zu beachten:
So fallen die Chancen je nach Gebiet recht unterschiedlich aus. Die Positionen mit Kundenkontakt, das sogenannte Front Office, ziehen für gewöhnlich die meisten Bewerbungen auf sich – sie werden auch am besten bezahlt. Dagegen fallen die Chancen in Middle und Back Office-Jobs wie in Regulierung, Compliance oder Operations regelmäßig besser aus. In den IT-Jobs sind Einsteiger oft sogar händeringend gesucht. Bei JP Morgan sind im vergangenen Jahr beispielsweise auf jeden IT-Einstiegsjob gerade einmal zehn Bewerbungen eingegangen.
Dennoch stellt es keine kluge Strategie dar, sich vorschnell von seinem Traumjob in M&A oder Sales & Trading für eine Stelle als Business Analyst zu verabschieden, nur weil hier die Chancen besser ausfallen. Diese Auffassung vertritt z.B. John Craven, der früher in einer Führungsposition für die Société Générale arbeitete und heute UpReach betreibt, eine Organisation, die unterprivilegierten Studenten hilft, überdurchschnittliche Jobs zu finden. Von den 90 Studenten aus dem Bankenprogramm von UpReach hätten 46 bereits ein Angebot erhalten.
„Sie müssen sehr gut vorbereitet sein, um eine Absolventenstelle bei einer Bank zu finden“, betont Craven. „Sie müssen sich über das Gebiet, in das Sie einsteigen wollen, sehr gut informieren und ein ehrliches Interesse für die Branche mitbringen.“ Darüber hinaus sollten sich Kandidaten sehr gut über den Bewerbungsprozess informieren. Wer ins Banking wolle, sollte möglichst früh im Studium den entsprechenden Weg einschlagen. Laut Craven würden seine Schützlinge schon im ersten Studienjahr versuchen an Campusveranstaltungen der Bank und an Schnupperpraktika, den sogenannten „Spring Weeks“, der großen Banken teilzunehmen, um sich für ein Sommerpraktikum nach dem zweiten Studienjahr zu bewerben, die wiederum oft zu einem Einstiegsjob führen. Sie nähmen darüber hinaus an einschlägigen Workshops, gespielten Vorstellungsgesprächen und Online-Tests teil. „Wer das Bewerbungsspiel beherrscht, hat eine weitaus größere Erfolgschance“, sagt Craven. Von der Statistik dürfe sich niemand abschrecken lassen, zumal sich hinter den nackten Zahlen viele Mehrfach- und unqualifizierte Bewerbungen verbergen.