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Wie konnte das Andrea Orcel bloß passieren?

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Das Jahr ist zwar noch jung, aber schon ist der ehemalige UBS-Investmentbanking-Chef Andrea Orcel ein ganz heißer Kandidat für den sonderbarsten Jobwechsel 2019. Doch wie konnte es soweit kommen? Gestern Abend veröffentlichte Santander überraschend eine Meldung, wonach Orcel nicht wie im September vereinbart den Chefposten bei der spanischen Großbank antreten wird.

Der Grund dafür liegt offenbar in den unterschiedlichen Vorstellungen, wie viel Ablöse die Spanier für die Boni zahlen würden, die Orcel während seiner Zeit bei der UBS angesammelt hat. Orcel scheint davon ausgegangen zu sein, dass die Konkurrenzausschlussklausel in seinem alten UBS-Arbeitsvertrag nicht vollständig greifen würde, schließlich handelt es sich bei der Retailbank Santander um keinen direkten Konkurrenten der Schweizer Großbank mit ihren Schwerpunkten im Wealth Management und Investmentbanking. Dummerweise sahen das die Schweizer anders. Laut Medienberichten summierten sich die angesammelten Bonusansprüche Orcels auf die Kleinigkeit von 50 Mio. Euro. Zwar werden alte Bonusansprüche bei einem Wechsel im Investmentbanking regelmäßig vom alten Arbeitgeber übernommen, doch Santander war wohl nur bereit, bis zu 20 Mio. Euro auf den Tisch zu blättern.

Orcels Verträge sind natürlich nicht öffentlich. Doch wenn sich das so abgespielt haben sollte, dann haben der italienische Spitzenbanker bzw. sein Anwalt empfindliche Fehler begangen. Denn wenn Orcel davon ausgegangen ist, die Klauseln würden für ihn gedehnt werden, dann lag er damit falsch.

Vielleicht steht aber auch etwas anderes hinter der Geschichte. Wer einen Bäcker einstellt, will schließlich Brot oder etwas anderes backen und wer einen Dealmaker anstellt, strebt offenbar Deals an. Vielleicht wollte sich Santander mit der Einstellung von Orcel auf die Konsolidierung der europäischen Bankenlandschaft vorbereiten und hat zwischenzeitlich von diesen Plänen Abstand genommen, sich daran zu beteiligen. Jedenfalls fällt auf, dass Orcels Einstellung just in dem Moment platzte, als die Bundesregierung Präferenzen für ein Zusammengehen der Deutschen und der Commerzbank signalisierte.

Weiter könnte Santander auch zu der Erkenntnis gelangt sein, dass der italienische Investmentbanker nicht ganz zur Unternehmenskultur von Santander passt. Auch in gewöhnlichen Einstellungsprozessen stellen die kulturellen Unterschiede zwischen Arbeitgeber und Kandidat einen bekannten Stolperstein dar. Das kann sogar zum Problem werden, wenn sich Leute wie Orcel und die Santander-Aufsichtsratsvorsitzende Ana Botín bereits kennen. In diesem Falle hätten beide allerdings darin übereinstimmen müssen, die Absage aufs Geld zu schieben, wie die Pressemitteilung suggeriert.

Schließlich scheint Orcel zu so etwas geworden zu sein wie seinerzeit der heutige Unicredit-Chef Jean-Pierre Mustier. Jemand dessen Name immer fällt, wenn es einen entsprechenden Posten zu vergeben gilt. Falls dies zutreffen sollte, dann dürfte er allerdings kaum als Nachfolger für den jetzigen UBS-Chef Sergio Ermotti in Frage kommen – eher schon, falls an der Spitze der Deutschen Bank oder gar beim Lokalrivalen Credit Suisse ein Wechsel ansteht.

Zwischenzeitlich dürfte der 55jährige viel Freizeit haben, um darüber nachzudenken, ob er seine verbleibende Karriere bei einem Hedgefonds, einem Infrastrukturinvestor verbringt oder doch eine Rückkehr ins Investmentbanking angeht.

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