Xanyar Kamangar hat es zum Director im Technology, Media & Telecom-Team (TMT) der Deutschen Bank in London gebracht. In einem Interview erzählt er von seiner Karriere, wieso er sein Startup für einen MBA aufgab und wie er es ohne Koffeinkonsum durch den Arbeitsalltag schafft.
Wie gelangten Sie ins Investment Banking?
Ich habe 2007 bei der Deutschen Bank angefangen, nachdem ich einen MBA an der London Business School absolviert hatte. Mein Background unterscheidet sich allerdings von dem der meisten MBA-Absolventen, die ins Banking gehen. Bevor ich bei der Business School anfing, habe ich ein Computertelefonie-Unternehmen mit 30 Mitarbeitern betrieben. Ich bin also von einem Startup zu einer Investmentbank gewechselt.
Viele Investmentbanker würden liebend gern ein Startup managen. Was brachte Sie dazu, Ihr Startup aufzugeben und ins Banking zu gehen?
Ich dachte, dass ich den Punkt erreicht habe, an dem ich das Unternehmen einfach laufen lassen könne. Ich war 26 und ich fragte mich, ob das Unternehmen mir das Leben bieten könne, das ich wollte. Ich begann also ein MBA-Studium um meine Perspektiven zu verbreitern und ich habe mich anschließend bei McKinsey, der Deutschen Bank und Google beworben. Ich habe tatsächlich von allen dreien ein Angebot erhalten und mich für die Deutsche Bank entschieden. Ich wollte viel über die Welt der Finanzen lernen und die Deutsche Bank begegnete mir nicht mit der üblichen Unternehmensbürokratie. Noch während meines Praktikums durfte ich eine meiner Geschäftsideen umsetzen.
Können Sie bitte ein wenig erläutern, was Ihr Job in der Investment Banking Division (IBD) umfasst?
Unsere Arbeit stützt sich auf drei Pfeiler:
Wir beginnen mit strategischen Überlegungen mit unseren Kunden. Was wollen sie überhaupt erreichen? Wie entwickelt sich ihre Branche, was machen die Wettbewerber und sind sie so positioniert, wie sie es sich wünschen? Welche Formen von Fusionen und Übernahmen und welche Finanzierungsstrategien kommen für sie in Frage?
Nachdem wir einem Kunden geholfen haben, seine Strategie zu präzisieren, schauen wir uns an, wie er sie umsetzen kann. Muss er z.B. ein Unternehmen kaufen oder verkaufen? Gibt es eine Fusionsmöglichkeit, um ihr Geschäftsmodell zu verändern? Wir unterstützen unsere Kunden mit sämtlichen erforderlichen Prozessen und Ressourcen.
Schließlich sind wir auch bei der Finanzierung behilflich. Müssen die Unternehmen Kapital an den Aktien- oder Anleihemärkten aufnehmen, um das Geschäft durchzuführen? Benötigt es einen syndizierten Kredit? Wir helfen dem Unternehmen dabei, das Kapital aufzunehmen, das die Umsetzung der Strategie oder des Deals erlaubt.
In vielen Fällen muss alles gleichzeitig veranstaltet werden und oftmals geht es auch um vielfältige Deals. Beispielsweise arbeitete ich nach zwei Jahren im Banking parallel an drei laufenden Deals: einer für ein IT-Unternehmen, das einen seiner Geschäftsbereiche verkaufte, ein anderer für eine Private Equity-Gesellschaft im Telekomsektor und beim dritten handelte es sich um eine sehr große türkische Telekom-Gesellschaft, die einen Börsengang vorbereitete und gleichzeitig erstmals an der Börse gelistet wurde.
Sie arbeiten also nicht nur an M&A-Mandaten, sondern produktübergreifend: M&A, Debt Capital und Equity Capital Markets (DCM und ECM)?
Ja, das hängt aber von der Bank ab. Die Deutsche Bank verfügt über keine reinen M&A-Teams. Vielmehr sind wir nach Branchen organisiert. Unsere Kunden sind sehr anspruchsvoll und ich denke, dass eine M&A-Beratung nur mit detaillierter Kenntnis der Kundenbranche möglich ist.
Was gefällt Ihnen bei der Arbeit in M&A am meisten?
Für mich sind es das Adrenalin und die Aufregung, sobald man an mehreren Projekten gleichzeitig arbeitet. Manchmal arbeite ich an drei Deals, manchmal sind es sogar fünf. Ich habe an Geschäften in der Karibik, den USA, Westeuropa, Osteuropa, dem Mittleren Osten, Schwarzafrika und Teilen von Asien mitgewirkt. Sie haben die Chance und die Freiheit weltweit an Deals zu arbeiten und an solchen, die Sie interessant und aufregend finden.
Ich finde es sehr lohnend, wenn ich von Kunden um meinen Rat gefragt werde und sie ihn beherzigen. Als ich noch ein Associate im dritten Jahr war, habe ich an einem Börsengang gearbeitet. Wir haben das Book Building vorgenommen, aber das verlief nicht so gut, wie wir erhofft hatten. Der Gründer des Unternehmens – ein Unternehmer – musste eine schwierige Entscheidung fällen: An den Markt mit einer relativ schwachen Investorenbasis zu gehen oder den Börsengang zu verschieben. Er hat mich um meinen Rat gefragt und ich sagte ihm, dass jeder Unternehmer schwierige Entscheidungen fällen müsse und dass es sich um eine davon handle. Schließlich riet ich ihm so lange abzuwarten, bis er eine stärkere Investorenbasis finde. Am folgenden Tag wurde er von der Financial Times interviewt und er hat exakt meine Worte verwendet, um seine Entscheidung zur Verschiebung des Börsengangs zu rechtfertigen.
Und was stört Sie am meisten?
Die langen Arbeitszeiten können schon zum Problem werden. Es ist schwierig, an fünf verschiedenen Projekten zu arbeiten, wovon jedes zeitkritisch ist. Dann gibt es Zeiten, zu denen Sie sehr unter Stress stehen. Allerdings gibt es auch Phasen, in denen Sie weniger beschäftigt sind. Das kommt regelmäßig vor – leider können Sie das nicht kontrollieren.
Die gute Nachricht lautet, dass es in der IBD der Deutschen Bank wichtig ist, den Job getan zu bekommen. Wenn Sie den Job erledigt haben und kein anderes Projekt ansteht, dann können Sie sich eine Auszeit nehmen. Die Leute können das selbst entscheiden. Sie arbeiten hart, aber sie erhalten Auszeiten.
Welches stellte Ihre größte Herausforderung in der vergangenen Woche dar?
Also … ich war in der vergangenen Woche für zwei Tage in Miami und während der neun Stunden auf dem Rückflug habe ich die letzten Stadien des Deals durchgenommen. Das stellte eine große Herausforderung dar. Aber das Wifi im Flugzeug erlaubte mir, online zu bleiben und die Kommunikation mit meinem Team aufrechtzuerhalten.
Welche drei Charaktereigenschaften muss man für die Arbeit in der IBD mitbringen?
Das hängt immer ganz davon ab, wen sie fragen. Ich würde sagen, dass es darauf ankommt, Vertrauen mit Ihren Kunden und Kollegen aufzubauen.
Sie müssen auch sehr detailorientiert sein. Vieles von dem, was wir tun, hängt an Details, was sowohl den Prozess als auch die Analyse betrifft. Bei vielen Jobs ist es gleichgültig, ob die Details nicht perfekt sind. Doch wenn hier die Details nicht stimmen, dann riskieren Sie den gesamten Deal.
Gleichzeitig müssen Sie auch in der Lage sein, einen Schritt zurückzutreten und den Überblick zu gewinnen. Viele Leute verlieren sich in den Details und übersehen das große Ganze, das vor sich geht. Sie können eine Präsentation voller makelloser Tabellen haben, aber wenn der Kunde nicht in der Lage ist, sie zu verstehen und die richtigen Schlüsse zu ziehen, dann ist sie nutzlos.
Weiter müssen Sie in der Lage sein, unter Druck arbeiten zu können. Sie müssen mehrere Projekte zur gleichen Zeit jonglieren können. I trinke keinen Kaffee und ich werde trotzdem nicht müde – so war ich schon immer. Ich lese viel über die Branche, ich war von Anfang an von TMT begeistert.
Was sollte ein Student wissen, der in M&A arbeiten möchte, bevor er den Fuß in ein Vorstellungsgespräch setzt?
Ich betreue die London Business School und ich nehme an vielen Vorstellungsgesprächen mit MBAs teil. Als erstes will ich immer wissen, ob die Studenten wirklich verstehen, was wir hier machen. Sie sollten Ihr Bild nicht aus der Lektüre eines Artikels der Financial Times oder von Leuten auf der Straße haben. Ich möchte wissen, ob Sie eine realistische Einschätzung besitzen, was die Arbeit in IBD wirklich bedeutet. Sie müssen Ihre Finanzkenntnisse voranbringen, dennoch müssen Sie ganz genau wissen, was die Leute in Finance so machen.
Welches stellt Ihre Lieblingsfrage in einem Vorstellungsgespräch dar?
Ich stelle keine Fragen zu den Fachkenntnissen. Ich frage die Leute gern nach einer Zeit in ihrer Karriere, als sie mit einer Herausforderung konfrontiert wurden oder worauf sie besonders stolz sind.
Und wie lautet die optimale Antwort?
Ich liebe Geschichten und ich mag es, wenn jemand mit einer echten Story ankommt, die von seinem Engagement zeugt und zeigt, wie er eine Herausforderung bewältigt hat und welche positiven Auswirkungen dies auf die Welt hatte. Ich möchte sehen, dass er die gleiche Leidenschaft für die noch bevorstehenden Herausforderungen in seiner Karriere mitbringt. Ich möchte sehen, wie die Leidenschaft hindurchschimmert.