Westliche Kandidaten müssen sich in asiatischen Vorstellungsgesprächen ganz besonders benehmen. Wir haben mit Recruitern aus Singapur und Hongkong darüber gesprochen, was sie an Bewerbern in Jobinterviews besonders stört. Die Ergebnisse fallen ganz ähnlich wie in Europa aus.
1. Arroganz
„Der schlimmste mir aufgefallene Fehler besteht darin, wenn ein Kandidat annimmt, dass es sich beim Gespräch mit dem Recruiter um eine bloße Formalität vor dem eigentlichen Gespräch mit dem Arbeitgeber handelt, und wenn er das Gespräch nicht ernst nimmt“, sagt Personalvermittler James Carss von HFG in Hongkong. „Dabei habe ich schon erlebt, wie jemand ohne Entschuldigung oder Vorwarnung zu spät gekommen ist, seine Handy nicht abgeschaltet hat und Anrufe während des Meetings entgegengenommen und unangemessene Kommentare abgegeben hat, die für das Gespräch irrelevant waren, oder der einfach nur einen unprofessionellen Ton angeschlagen hat.“
2. Unklarheit
Recruiter mögen keine Antworten, die mit „etwa“ oder „ungefähr“ beginnen. Jegliche Unklarheiten legen den Verdacht nahe, dass Sie etwas zurückhalten, was womöglich später den Einstellungsprozess gefährdet. „So muss ich beispielsweise wissen, ob Sie derzeit auch an anderen Vorstellungsgesprächen teilnehmen. Wenn Sie dabei vage bleiben, dann fällt es mir sehr schwer, mit Ihnen zusammenzuarbeiten.“
3. Wie ein Punker zu erscheinen
„Ich hatte schon einen Kandidaten in einem Vorstellungsgespräch für einen IT-Job in Finance, der in legerer Kleidung auftauchte und die Haare wie ein Punker trug mit diversen Piercings in seinen Augenbrauen, seinen Lippen und seiner Nase“, erzählt Headhunter Vince Natteri von Pinpoint Asia in Hongkong. „Seine Kompetenzen reichten für eine erstklassige Investmentbank aus. Aber als ich ihn fragte, ob er sich von seinen Piercings trennen und sich formaler kleiden könne, antwortete er nur: ‚Sicher nicht‘. Anschließend habe ich ihm die Unternehmenskultur der Bank erklärt und wieso er bei dem Vorstellungsgespräch scheitern würde, wenn er sich nicht ändert. Aber schließlich konnte ich seine Bewerbung nicht weiterleiten.“
4. Starrsinn bei Gehaltsfragen
„Wenn jemand eine felsenfeste Vorstellung mitbringt, wie viel er Wert ist und nicht zuhört, wenn ich ihm zu einer realistischeren Gehaltsforderung rate. Normalerweise schließe ich solche Leute rasch aus“, versichert Personalberaterin Samantha Ding von Greythorn Banking in Singapur. „In diesem Marktumfeld macht es keinen Sinn, ihn meinen Kunden zu präsentieren, wenn ich genau weiß, dass er sich ihn nicht leisten kann.“
5. Pokern
Desinteresse vorzuspielen, um aus einem Recruiter ein besseres Ergebnis herauszulocken, funktioniert nicht. „Falls Sie unverbindlich oder zu cool auftreten und Dinge sagen wie: ‚Stellen Sie mich vor und wir werden sehen, ob das für mich interessant ist‘, dann stellt das für mich ein Unding dar“, sagt die Personalberaterin. „Falls Sie an einer Stelle interessiert sind, dann sollten Sie das von Anfang an klar sagen. Damit verschlechtern Sie Ihre Verhandlungsposition nicht. Die Banken wollen Leute, die eine ehrliche Begeisterung für den Job mitbringen.“
6. Rauchen
Headhunter Richard Aldridge von der Black Swan Group aus Singapur hat schon Kandidaten getroffen, die buchstäblich stanken. „Wenn Sie Raucher sind, dann ist das in Ordnung. Dennoch sollten Sie nicht ein oder zwei Zigaretten rauchen, kurz bevor Sie in einen abgeschlossenen Raum mit einer anderen Person gehen. Das kann einen Recruiter definitiv davon abbringen, Sie Banken vorzustellen.“
7. Kontroversen zu provozieren
Bei jedem Small Talk mit einem Recruiter sollten Sie sich wirklich kurz fassen. „Ich rate dringend davon ab, ein kontroverses Thema in den Lebenslauf aufzunehmen oder anzusprechen“, empfiehlt Aldridge.
„Falls es sich bei dem Gesprächspartner oder Recruiter um einen passionierten Tierfreund handelt, dann kommt es womöglich nicht gut an, wenn Sie ‚Jagen‘ im Lebenslauf aufführen.“
8. Schlechtes Englisch
Kandidaten sollten sich davor hüten, in irgendeinen englischen Slang zu verfallen. Professionelles Business-Englisch stellt vielmehr auch in Asien Pflicht dar, selbst wenn die Einheimischen auf der Straße salopper sprechen. „Schlechtes Englisch stellt ein Hauptärgernis für multinationale Kunden dar“, warnt Personalberater Adrian Choo von CTPartners in Singapur.
9. Negativ über seinen alten Arbeitgeber zu sprechen
Auch wenn es verlockend sein mag, sollte sich doch kein Kandidat negativ über seinen alten Arbeitgeber auslassen, warnt Choo. Denn zu allererst hat jeder Recruiter das Wohl seines Auftragsgebers im Sinn und bietet keine Schulter, um sich auszuweinen. Vielmehr wirft so etwas immer ein schlechtes Bild auf den Kandidaten.
10. Relevante Fakten zu verschweigen
Kandidaten sollten sämtliche Standardfragen zu Gehalt, Bonus und Kündigungsfrist wahrheitsgemäß beantworten. „Ich hatte schon Meetings, in denen sich jemand weigerte, sein Gehalt anzugeben und dies führte leider dazu, dass ich ihn nicht vorstellen konnte“, erzählt Ding von Greythorn. „Ich musste das Gespräch abbrechen, weil er nicht akzeptieren wollte, dass die Anfrage direkt von meinem Kunden kam und nicht von mir selbst. Diese Information ist für die meisten Banken einfach unerlässlich.“