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Das harte Leben von Bankern Mitte 30 in London

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Das Leben eines Investment Banking-Analysten kann schon hart sein, insbesondere wenn er die Nächte durcharbeiten muss. Doch auch das Leben eines Vice Presidents mit Mitte 30 muss kein Zuckerschlecken sein, selbst wenn er drei Analysten hat, die für ihn die Nächte durcharbeiten. Nur weil man älter und solventer ist, muss das Leben noch längst nicht leichter fallen.

„Es gibt einen epidemischen Gebrauch von Kokain und Alkohol unter den 30 bis 40-jährigen in der City“, erzählt der Drogenexperte von Harley Street und Autor Mark Dempster. „Es ist schon fast normal. Bei vielen Leuten beginnt es zwischen 20 und 30, kritisch wird es aber über 30, wenn ihre Einkommen steigen und sie sich Drogen eher leisten können. Die Leute greifen gegen den Stress zur Selbstmedikation.“

Dempster berät acht Banker, die alle zwischen 30 und 40 sind. Das stellt eigentlich noch keine Epidemie dar; allerdings beteuert Dempster, dass diese acht durchaus repräsentativ seien. Dies wird vom promovierten Psychologen Michael Sinclair bestätigt, der sich auf die Angestellten der Londoner City spezialisiert hat: „Ein Großteil der Banking-Kultur dreht sich um Drinken und Drogenkonsum.“ Nach zehn Jahren fordert dies seinen Tribut.

HR-Mitarbeiter in Banken sind sich des Stresses bewusst, mit dem Banker auf mittlerer Karrierestufe zu kämpfen haben. „Wenn Sie Vice President oder Direktor sind, dann beginnen sich Ihre Karrierechancen herauszukristallisieren“, sagt die HR-Chefin einer internationalen Bank, die ihren Namen nicht im Internet lesen möchte. „Als Direktor müssen sie langsam zu einem Ertragsbringer werden. Falls Ihnen das nicht gelingt, dann werden Sie nicht zum Managing Director befördert und Ihre Karriere wird zurechtgestutzt.“

Genaue diese „up or out“-Mentalität lastet auf den 30 bis 40-jährigen Bankern wie ein Mühlstein. Manche Banken ernennen sogar „Karriere-Direktoren“, erzählt der HR-Chef. Dabei handelt es sich eher um Fachleute als Ertragsbringer. Doch derartige Stellen seien selten und außerdem müssen sie über eine ausgesprochene Nischenkompetenz verfügen, damit dies funktioniert. Damit müssen sich die meisten Vice Presidents und Direktoren auch weiterhin auf eigene Erträge konzentrieren, was gar nicht so leicht fällt.

„Es ist heute schwieriger, Beziehungen in Geld umzumünzen“, erzählt ein aufs Investment Banking spezialisierter Headhunter in London. „Es ist auch deutlich schwieriger geworden, zum Managing Director befördert zu werden.“

So finden die Beförderungen zu Managing Directors bei Goldman Sachs mittlerweile nicht mehr jährlich, sondern alle zwei Jahre statt. Bei der japanischen Investmentbank Nomura wurden im laufenden Jahr gerade einmal 15 Leute zu Managing Directors befördert. Im Durchschnitt benötigen Managing Directors 17 Jahre, um sich mit dem begehrten Titel schmücken zu dürfen. Die Hälfte davon verbringen sie auf den mittleren Karrierestufen.

Laut Sinclair kämpfen viele 30 bis 40-jährige mit Problemen, die über die Symptome von Abhängigkeiten hinausgehen. Nach 100-Stunden-Wochen im Alter zwischen 20 und 30 haben viele Banker nur noch wenige Interessen außerhalb der Arbeit. Die Arbeit wird somit zur Hauptquelle der eigenen Wertschätzung und berufliche Misserfolge weiten sich schnell zu existenziellen Krisen aus. „Wenn Sie keinen Bonus und keine Beförderung erhalten, dann empfinden sie das als schrecklichen Misserfolg und Zurückweisung; das Leben kann sinnlos erscheinen.“

Allerdings gibt es auch andere Fälle. Sinclair berichtet von einem 33-jährigen Banker mit Familie, der mit den Kompromissen zwischen Beruf und Familie nicht zurechtkommt. „Es ist schwierig, seine privaten Werte und Verpflichtungen mit den beruflichen Anforderungen in Einklang zu bringen. Sie leben mit der beständigen Furcht, Menschen zu vernachlässigen.“

Mittlerweile ist das Durchschnittsgehalt eines Vice Presidents im Investment Banking der Londoner City auf rund 150.000 Pfund (210.000 Euro) geklettert. Laut dem HR-Chef sollten sich damit auch die hohen Lebenshaltungskosten der britischen Hauptstadt bestreiten lassen. Dennoch befänden sich Vice Presidents mit wachsenden Familien auch weiterhin unter finanziellem Druck, vor allen Dingen, wenn Sie mit der „Macho-Kultur“ des Bankings mithalten wollen. „Wenn Sie ein ‚Karriere-Director‘ sind, dann müssen Sie bei Ihrem Lebensstil Kompromisse machen“, sagt der HR-Chef. Dann sind Sie kaum in der Lage, in der Innenstadt zu leben, Ihre Kinder auf Privatschulen zu schicken oder mehrere Urlaube auf Mauritius zu verbringen. Den meisten Leuten macht dies nichts aus, aber im Banking spielt der soziale Status eine große Rolle. Der Anthropologe und Journalist Joris Luyendijk meint, dass Senior Banker „Erfolg in ihren Lebensstil projizieren wollen.“ Dazu gehören die richtigen Urlaubsziele, die richtigen Schulen und nicht zuletzt die richtigen Armbanduhren.

Darüber hinaus sind auch die Vice Presidents zwischen 30 und 40 nicht vor Arbeitslosigkeit sicher, was auch an den gestiegenen Gehältern liegt. „Ein Vice President kostet jetzt das Gleiche wie drei Analysten“, betont Headhunter Longan Naidu von Dartmouth Partners. „Das sind schon hohe Fixkosten, wenn sich der Markt ändert und die Unternehmen eher auf Kosten als auf Wachstum achten.“


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