Ich könnte eigentlich auch im Silicon Valley arbeiten, denn ich habe Informatik an einer der besten Unis der Vereinigten Staaten studiert und nahezu alle meine Kommilitonen haben seinerzeit bei Startups angefangen. Heute, sechs Jahre später, bin ich ein 27jähriger Quant an der Wall Street und ich bin letztlich zu der Erkenntnis gelangt, dass ich eine falsche Entscheidung getroffen habe.
Diese Erkenntnis stellte sich ein, als ich in der vergangenen Woche drei Tage in San Francisco verbrachte. Buchstäblich jeder, den ich dort kenne, arbeitet bei einem Startup, und der Kontrast zur Wall Street könnte kaum größer ausfallen. Jeder in San Francisco kennt jemanden, der seine Beteiligung an einem Startup zu Bargeld gemacht hat, der sich ein „zweites Zuhause auf den Bahamas“ oder ein neues Auto zulegte oder gleich ganz mit dem Arbeiten aufgehört hat. Derartige Geschichten hört man ständig.
Ich schloss die Uni 2010 ab, was eine wichtige Rolle spielt. Denn viele meiner Kommilitonen konnten auf einer Welle mitreiten, die durch den Börsengang von Facebook ausgelöst worden war. Bei den meisten Arbeitgebern handelt es sich um Privatunternehmen. Das meiste Geld ging somit an die Risiko- und Private-Equity-Fonds, die ihren Arbeitgebern Kapital zur Verfügung stellten – sowie an die Mitarbeiter. Von einem derartigen Geldsegen sind Banker und Trader weit entfernt. Die Leute mit Mitte 20 und darüber machen das Geld.
Unterdessen befindet sich die Sell-Side auch weiterhin in der Krise. Ich habe in den zurückliegenden zwei Jahren weniger als 155.000 Dollar (146.000 Euro) verdient und warte darauf, dass die guten Zeiten an die Wall Street zurückkehren. Sicherlich gibt es auch einige Vorteile: Ich arbeite bei einer Großbank, die renommiert ist und reiches Unternehmenswissen angehäuft hat. Ich arbeite mit Angestellten aus Cash Sales, Derivative Sales and Trading, aus Exotics und Prime Brokerage zusammen. Eine Menge von Daten und Wissen steht mir also zur Verfügung.
Auch wenn ich das Institut respektiere, für das sich arbeite, stellt es nicht gerade meinen Traum dar, als Junior Quant bzw. IT-Experte, der seit drei Jahren keine Gehaltserhöhung bekommen hat, in einem stressigen Job in einer ebenso stressigen Stadt zu arbeiten. Es beginnt mich zu ermüden, besonders wenn ich nach San Francisco blicke und sehe, wie sich dort die Verdienste von jedermann vervielfachen.
Ich wusste, dass Finance eine Herausforderung darstellen würde, aber das hatte ich dann doch nicht erwartet: Niedrige Bezahlung, Resignation und der allgemeine Pessimismus sind weit jenseits von dem, was ich mir vorzustellen vermochte. Dagegen sind die Fitness-Studios in San Francisco voller Mittzwanziger, die ihre Maseratis und Ferraris vor der Tür geparkt haben. Jemand muss als also eine falsche Entscheidung getroffen haben und es sieht so aus, als wenn ich dies gewesen bin.
Bei Quentin Angus handelt es sich um das Pseudonym eines Quant-Traders, der für eine Großbank an der Wall Street arbeitet.