Analysten und Associates stehen in einer Investmentbank ganz unten in der Nahrungskette. Üblicherweise werden Einsteiger dort in den ersten drei Jahren als Analysten und den drei Folgejahren als Associates bezeichnet. Bevor ein junger Investmentbanker an das große Geld gelangt, muss er viele tausend Stunden im Maschinenraum einer Bank zubringen. Dabei gibt es feine Unterschiede zwischen den untersten beiden Karrierestufen in der Branche. Wir haben mit einer Reihe aktueller und ehemaliger Associates über ihre Erfahrungen gesprochen und welche Empfehlungen sie für den Übergang vom Analysten zum Associate geben.
1. Rechnen Sie nicht mit einer automatischen Beförderung
Rein theoretisch handelt es sich bei der Beförderung vom Analysten zum Associate um eine reine Zeitfrage; nach drei Jahren erfolgt sie quasi automatisch. Doch das ist nicht immer so.
Erstens haben sich die Spielregeln geändert, seitdem Banken wie Goldman Sachs, Citi und UBS angesichts des grassierenden Juniormangels verkürzte Analysten-Programme anbieten. Immer öfter befördern die Banken Analysten schon nach zwei Jahren zu Associates, um sie von einem Abgang zur Konkurrenz abzuhalten. Das scheint sich zunächst nach einem Fortschritt anzuhören, doch Personalberater beklagen, dass die Kompetenzen der jungen Banker bei der Entwicklung von Finanzierungsmodellen usf. immer schwächer ausfallen – keine gute Voraussetzung für eine erfolgreiche Karriere.
Zweitens wird vor der Beförderung ausgesiebt. „Ich habe schon Leute gesehen, die aus dem Analysten-Programm herausgefallen sind, bevor auch nur die Beförderungen zum Associate anstanden“, erzählt ein ehemaliger Aktienanalyst von Goldman Sachs. „Es waren diejenigen, die nicht selbstständig, ohne Aufsicht arbeiten konnten.“
Bei den Banken scheinen die Beförderungschancen unterdessen unterschiedlich auszufallen. „70 bis 80 Prozent von uns wurden befördert“, erzählt der ehemalige Aktienanalyst. „Die meisten Leute werden automatisch vom Analysten zum Associate befördert“, erzählt Rahul Parekh, der früher Executive Director im Handel mit Aktienderivaten bei Goldman Sachs gewesen ist und heute die Website EatFirst betreibt. „Falls die Beförderung ausbleibt, dann liegt das meist an schwachen Leistungen“, ergänzt Parekh.
Ein Associate einer internationalen Großbank in London erzählt weiter, dass bei ihnen die Beförderung nicht selbstverständlich sei. „Die Beförderung hängt von Ihrer Beurteilung als Analyst ab und es handelt sich um einen scharfen Wettbewerb. Nur Analysten im dritten Jahr mit einer überdurchschnittlichen Bewertung werden befördert.“
2. Erwarten Sie keine sofortige Änderung Ihrer Aufgaben
So mancher frisch ernannte Associate erliegt der Illusion, dass sich seine alltäglichen Aufgaben quasi über Nacht ändern. Doch das ist selten der Fall. „Die Rollen ändern sich nicht automatisch“, erzählt Parekh. „Indem die Leute Erfahrungen sammeln und Ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen, übernehmen sie im Laufe der Zeit immer mehr Verantwortlichkeiten.“
Nach den Erfahrungen eines Associate einer europäischen Großbank gelten sie immer noch als ziemlich feucht hinter den Ohren und machen zumindest am Anfang kaum anderes als Analysten. „Ein Analyst in seinem dritten Jahr und ein Associate in seinem ersten unterscheiden sich kaum. Erst wenn Sie ins zweite oder dritte Jahr gelangen, ändert sich etwas“, erzählt sie.
3. Die Aufgaben ändern sich ebenfalls nicht automatisch
Auch wenn sich Ihre Verantwortlichkeiten im Laufe der Jahre wandeln, tritt dies nicht automatisch ein. Vielmehr hängt die Veränderung maßgeblich von Ihrer jeweiligen Arbeitsleistung ab.
Parekh erzählt, wie ihm „immer größere und wichtigere Handelsbücher übertragen wurden, als sich seine Kompetenzen entwickelten.“ Laut Parekh würden auch die Erwartungen der Führungskräfte an die Associates sukzessive steigen. Nicht alles hänge vom Jobtitel ab.
Ganz ähnlich sieht dies der ehemalige Investmentbanker Mark Hatz, der früher bei Goldman Sachs und Perella Weinberg gearbeitet hat und sich heute als Karrierecoach betätigt. Die Associates müssten zunehmend die Verantwortung für die Präsentationen übernehmen, die sie zusammen mit den Analysten erstellen. „Associates nutzen Analysten als ihre rechte Hand. Der Analyst arbeitet an den Modellen und Präsentationen und der Associate ist schließlich für die Qualität der Dokumente verantwortlich. Er muss die Qualität seiner Arbeit prüfen und in manchen Fällen muss er gemeinsam mit dem Analysten arbeiten, um ihm auszuhelfen.“
Laut Hatz handle es sich schon beim Associate um eine komplexe Aufgabe. Sie arbeiten oft gleichzeitig an vier bis fünf Projekten, manchmal seien es sogar sieben.
In der Aktienanalyse gehe es allein darum, selbständig zu arbeiten. „Sie wollen, dass Sie selbst Ideen generieren und die grundlegende Analysearbeit selbst machen. Falls Sie das nicht können, werden Sie nicht lange bleiben.“
Die Schokoladenseite am Dasein eines Associates sollte darin bestehen, weniger als die Analysten zu arbeiten. Nach Hatz‘ Erfahrung würden Associates tatsächlich oft einige Stunden vor den Analysten nachhause gehen.
4. Wer Projekte und Analysten nicht managen kann, fliegt raus
Wer als Associate erfolgreich sein möchte – besonders in der Investment Banking Division – muss Verantwortung übernehmen und mit komplexen Angelegenheiten und Menschen umgehen können.
„Erfahrenere Banker fragen Associates immer als erstes nach den Dokumenten“, sagt Hatz. „Sie fragen nicht die Analysten.“ Daher müssen die Associates auch die volle Verantwortung für die Arbeitsleistung ihrer Analysten übernehmen.
„Die Projekte, an denen Sie arbeiten, sind vielseitiger“, erzählt ein weiblicher Associate aus einer Investment Banking Division. „Sie müssen bei allen auf dem Laufenden sein, die Modelle und Ergebnisse der Analysten prüfen und E-Mails über die Erstellung der Pitch Books schreiben.“
Nach ihrer Erfahrung sind diejenigen Associates besonders schlimm, die arrogant werden und die Leistung ihrer Analysten als gegeben hinnehmen. Hatz sieht dies genauso. Analysten würden sehr lange arbeiten und es obliege den Associates sie zu motivieren. „Sie müssen sie trainieren und ihnen das Gefühl von Unterstützung vermitteln und dass sie nicht bloß Sklaven sind.“