Die Geschichte des Chartered Financial Analyst (CFA) in der Schweiz stellt geradezu einen Siegeszug dar. Als die CFA Society Switzerland anfang der 90er Jahre entstand, gab es gerade einmal wenige Dutzend Charterholder hierzulande. Bis 2013 ist diese Zahl auf fast 2500 angeschwollen. Dies spricht dafür, dass sich immer mehr Finanzprofis durch die Qualifikation Vorteile für ihre Karriere versprechen. Doch hilft ein CFA tatsächlich bei der Karriere weiter oder handelt es sich um eine nutzlose Mühe? Wir haben nachgefragt.
Die unaufhaltsame Ausbreitung des CFA
Der CFA wurde ursprünglich in den USA als Qualifikationsstandard für Asset Management und Research erdacht. Entsprechend großer Beliebtheit erfreut sich der CFA in der Branche. „Das ist ein absolutes Muss, wenn man im Portfolio Management und Research unterwegs ist“, sagt Headhunter Stefan Bächer von Guggenbühl, Bächer, Niederer & Partner in Zürich. Bächer beobachtet indes, dass auch die konkurrierende Qualifikation der AZEK bei Schweizer Arbeitgebern sehr beliebt ist.
Doch längst erfreut sich der CFA auch in anderen Branchensektoren wachsender Beliebtheit. „Ein CFA ist auf der Investment Management-Seite entscheidend. Überall wo ein profundes Wissen in Wertpapieranalyse und moderner Portfoliotheorie gefragt ist“, sagt Headhunter Jonas Neff von Biermann Partners in Zürich.
Auch gibt es immer mehr Client Relationship Manager (CRM) im Wealth Management, die einen CFA mitbringen, sagt Bächer. Die gleiche Beobachtung macht Neff. „Ein CFA ist von Beginn an ein Leistungsausweis“, betont Neff. Mit der wachsenden Professionalisierung in weiten Bereichen der Finanzdienstleistungen und namentlich im Wealth Management steige auch die Verbreitung von Qualifikationen wie dem CFA. Mithin könne ein CFA bei einem Aufbau einer Karriere helfen. „Die jüngere Generation ist ungleich besser ausgebildet als die älteren CRM“, ergänzt Neff. „Wining and Dining“ würde heute im Wealth Management nicht mehr ausreichen. Allerdings helfe ein CFA auch nicht weiter, wenn es einem CRM an Auftreten und Persönlichkeit mangle.
Weiter erfreut sich der CFA wachsender Beliebtheit in Sales-Positionen – im Asset Management, aber auch im Investmentbanking. „Wir sehen zunehmend, dass der CFA auf der Sales-Seite erwünscht ist. Das gilt sowohl für Institutional Sales als auch für Wholesale“, sagt Neff. „Die Kunden stellen heute immer anspruchsvollere Fragen.“ Wer kompetente Antworten darauf wisse, sei klar im Vorteil.
Selbst im Treasury von Großunternehmen – wie Nestlé oder Novartis – soll der CFA gefragt sein, wie der Geschäftsführer der CFA Society Switzerland Christian Dreyer berichtet. So könne ein CFA bei der Verwaltung der oft erklecklichen Unternehmensvermögen sowie bei Hedging-Geschäften von Vorteil sein. Bei der Anerkennung der Berufserfahrung für den CFA sieht Dreyer keine Probleme: „Die Mitarbeiter im Treasury sind ja mit der Verwaltung von Vermögen beschäftigt.“ Wer noch über nicht genügend Berufserfahrung verfüge, könne die bestanden CFA-Level dennoch im Lebenslauf anführen.
Lohnt sich der CFA Beschäftigte aus dem Middle- und Backoffice?
Das CFA Institute in London registriert, dass auch immer mehr Mitarbeiter aus dem Middle- oder sogar dem Backoffice einen CFA anstreben. Allerdings stellt sich die Frage, ob das umfangreiche Fachwissen, wie es ein CFA vermittelt, für die dortigen Arbeitsabläufe überhaupt erforderlich ist. Dies bestreitet Headhunter Emanuel Kessler von Kessler.Vogler in Zürich: „Für eine Karriere im Middle- und Backoffice ist ein CFA nicht nötig.“
Ein CFA könne bei der Jobsuche im Middle- und Backoffice sogar hinderlich sein. Entsprechende Kandidaten würden als überqualifiziert wahrgenommen. „‘Mit der Ausbildung gehe ich davon aus, dass der Kandidat andere Ziele verfolgt.‘ Das bekomme ich von Arbeitgebern schon zu hören“, erzählt Kessler.
Für Mitarbeiter aus dem Middle- oder Backoffice stellt der CFA somit eine zweischneidige Angelegenheit dar: Einerseits kann es sich um eine Eintrittskarte ins Frontoffice handeln, andererseits dürften Mitarbeiter aus dem Middle- und Backoffice bei Kollegen und Vorgesetzten auf Vorbehalte stoßen.
Was ist besser CFA, CAIA oder doch AZEK?
Laut Kessler seien CFA und AZEK bei Schweizer Arbeitgebern gleichermaßen angesehen. „Meistens wird nach CFA oder AZEK gefragt. Ich habe noch nie einen Kunden gehabt, der nur das eine akzeptiert hätte“, erzählt Kessler. Wer indes im Laufe seiner Karriere ins Ausland drängt, der sei womöglich mit einem CFA besser bedient. „Der ist einfach international bekannter.“
Beim Chartred Alternative Investment Analyst (CAIA) handelt es sich gewissermaßen um den kleinen Bruder des CFA, der vor allem Wissen über alternative Anlagemöglichkeiten wie z.B. Hedgefonds und Rohstoffe vermittelt. Daher kann der CAIA in den entsprechenden Branchen für die Karriere sogar hilfreicher als der CFA sein. Laut Dreyer von der CFA Society Switzerland besäßen viele CAIA-Charterholder auch einen CFA. Beide Qualifikationen würden sich ergänzen.
Hilft der CFA beim Karrieresprung?
Insgesamt lässt sich festhalten, dass sich der CFA gleich in zwei Dimensionen unaufhaltsam ausbreitet: Die Qualifikation wird in immer mehr Branchen und Sektoren zum Standard. Darüber hinaus erobert die ursprüngliche Frontoffice-Qualifikation - wenn auch langsam – das Middle- und Backoffice.
Dennoch stellt der CFA nicht den ultimativen Trumpf im Karrierespiel dar. Wer heute einen CFA mitbringt, erfüllt häufig nur noch einen branchenüblichen Qualifikationsstandard. Für Höheres berufen ist der damit noch lange nicht. „Die Leute werden gar nicht erst angestellt, wenn sie keinen CFA oder AZEK mitbringen“, beobachtet Bächer. CFA-Absolventen könnten nicht automatisch mit einer Beförderung oder kräftigen Gehaltserhöhung rechnen. „Es stellt eher eine Einstiegsmöglichkeit dar. Für eine erfolgreiche Karriere muss man aber auch die Persönlichkeit und die Berufserfahrung mitbringen.“
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