Falls Sie es im Investment Banking in eine Führungsposition schaffen, dann gibt es gleich mehrere Gründe sich daran zu klammern: die Bezahlung, das Prestige und der Mangel an beruflichen Alternativen. Doch was passiert, wenn der Job Ihre Gesundheit ruiniert?
Das Investment Banking – insbesondere die Arbeit in der Investment Banking Division – steht im Ruf, die Gesundheit zu schädigen. Die endlosen Arbeitszeiten führen u.a. zu Schlafstörungen, Alkoholismus, Essstörungen und Herzrhythmusstörungen, wie eine einschlägige Studie von Alexandra Mitchell von der Universität von Südkalifornien aus dem Jahre 2012 belegt.
Für James Gorman, der nicht mit dem gleichnamigen Morgan Stanley-Chef identisch ist, trat dieser Punkt bereits im zarten Alter von 26 ein. Gorman leitete später das Geschäft mit Finanzdienstleistern in Mittel- und Osteuropa, dem Mittleren Osten und Afrika bei der Royal Bank of Scotland (RBS).
„Stress stellt einen ständigen Begleiter dar, wenn Sie in einem Job mit derart viel Druck wie im Investment Banking arbeiten. Rückblickend stellt dies sicherlich eine wichtige Ursache für meine gesundheitlichen Beschwerden dar; damals war mir das allerdings nicht bewusst“, erzählt Gorman heute. „Wie so viele Krankheiten entwickelte sich meine über die Jahre hinweg. Es gab Symptome, aber ich redete mir ein, dass es sich um nichts Ernstes handelt … bis ich ins Krankenhaus eingeliefert wurde.“
Gorman musste eine Notoperation am Darm über sich ergehen lassen; die anschließende Diagnose lautete Morbus Crohn. Obgleich Gorman der negative Einfluss von Stress auf seine Erkrankung bewusst war, hat er weitere neun Jahre im Investment Banking verbracht.
„Man sollte meinen, ich hätte etwas geändert, aber das habe ich nicht“, sagt Gorman selbstkritisch. „Es steht außer Frage, dass die Ärzte mein Leben gerettet haben. Sie verschrieben mir allerdings nur Medikamente, die mein Immunsystem und damit die Symptome unterdrückten. Dies ermöglichte mir, meinen Lebensstil fortzusetzen, ohne die Verantwortung für meine eigene Gesundheit zu übernehmen.“
Gormans letzte Stelle bei der RBS war in Dubai. Als die Bank sich entschied, sich aus der Region zurückzuziehen und sich auf ihren Heimatmarkt zu konzentrieren, wurde seine Stelle gestrichen. Ihm wurde zwar ein anderer Job in London angeboten, aber Gorman war an den Punkt angelangt, über sein Leben nachzudenken.
„Ich wusste, dass ich etwas außerhalb des Bankings machen wollte, aber ich brauchte einige Jahre um den Sprung zu wagen“, sagt er. „Je länger Sie im Banking gearbeitet haben, desto mehr gewöhnen Sie sich an das Geld und einen bestimmten Lebensstil. Je mehr Sie haben, desto mehr wollen Sie. Doch es handelt sich um eine Illusion, dass das Glück mit größerem Besitz steigt. Ich brauchte 15 Jahre, um das zu erkennen.“
Zwischenzeitlich hat Gorman sein Leben gründlich umgekrempelt. Er ist aufs Land gezogen und hat Ernährungswissenschaften an der Uni Leeds studiert. Da sei Teil einer „Reise“ zu seiner eigenen Gesundheit. Gorman liest jetzt viel medizinische Fachliteratur und beschäftigt sich mit den Zusammenhängen zwischen Ernährung und Lebensstil. Er befindet sich jetzt auf einem Kreuzzug gegen die etablierte Medizin, die glaubt, alles mit Medikamenten kurieren zu müssen.
„In unserem Gesundheitswesen läuft einiges schief. Es konzentriert sich auf die Symptome der Krankheit und nicht auf die Gründe“, sagt er. „Ich habe lange Zeit mit verschreibungspflichtigen Medikamenten gelebt, die es mir erlaubten weiterzumachen, währenddessen sich die eigentlichen gesundheitlichen Ursachen verschlimmerten. Ich verbringe meine Zeit jetzt damit, mich intensiv mit Ernährung und anderen Lebensstilfragen zu beschäftigen, um bessere Lösungen zu finden.“
Laut Gorman geht es beim Ausstieg aus dem Banking nicht nur darum, mehr Zeit mit der Familie zu verbringen und eine bessere Work-Life-Balance zu finden. „Unser Land wird immer kränker, weil wir nicht die Verantwortung für unsere eigene Gesundheit übernehmen“, meint Gorman. „Wir warten, bis wir krank werden und dann verlassen wir uns auf Ärzte und Medikamente, die niemals wirklich die Gesundheit wiederherstellen. Das muss nicht so laufen. Indem wir nur ein wenig unsere Ernährung und unseren Lebensstil umstellen, lassen sich die meisten Krankheiten vermeiden – mit beträchtlichen Folgen.“