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Wie Sie die höchste Abfindung aus Ihrem Arbeitgeber herausschlagen

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Der Kahlschlag bei den Banken führt dazu, dass dort immer mehr Mitarbeiter mit einer drohenden Kündigung konfrontiert sind. Laut der promovierten Juristin Heike Kroll vom Verband „DIE FÜHRUNGSKRÄFTE“ in Essen trennen sich seit einigen Jahren Unternehmen verstärkt von leitenden Mitarbeitern. Dieser Trend gelte nicht allein für Banken. So beobachtet die Expertin die Streichung ganzer Managementebenen und die Zusammenlegung von Abteilungen. Denn Führungspersonal sei relativ teuer und es mache oft kaum einen Unterschied, ob ein Abteilungsleiter z.B. 40 oder 80 Mitarbeiter führe. „Da lässt sich eine Menge Geld sparen. Das ist wirklich effizient“, sagt Kroll.

Erst einmal Ruhe bewahren

Doch was sollten Betroffene in einem solchen Fall unternehmen? Kroll rät, sich nicht zu spontanen Äußerungen hinreißen zu lassen. „Man nimmt die Information zur Kenntnis und gibt sich bedeckt. Vielleicht sagen Sie noch, dass das nicht in Ihre Lebensplanung passt.“ Auch falls Sie sich heimlich auf einen – durch eine Abfindungszahlung versüßten – Vorruhestand freuen, sollten Sie dies keinesfalls zeigen.

Im Regelfall kommt eine Kündigung nicht ganz unerwartet. Meist geht der schriftlichen Kündigung ein informelles Gespräch voraus. Solange aus rechtlicher Sicht noch nichts geschehen ist, ist der Verhandlungsspielraum am größten, erläutert die Rechtsanwältin.

Sofort einen Fachanwalt hinzuziehen

„Man braucht sofort eine Rechtsberatung“, betont Kroll. Dabei sollten die Betroffenen möglichst einen Fachanwalt für Arbeitsrecht hinzuziehen. Manche Rechtsanwälte gäben zwar Arbeitsrecht als Spezialgebiet an, seien aber keine Fachanwälte. Ein solcher müsse einschlägige Erfahrung vorweisen und Prüfungen vor der Rechtsanwaltskammer abgelegt haben. Darüber hinaus sollte man bei dem Rechtsanwalt auch noch darauf achten, wen er denn in der Vergangenheit vertreten hat. Wenn es sich nur um tarifliche Angestellte gehandelt habe, dann sei dies womöglich für außertarifliche Mitarbeiter suboptimal.

Der Rechtsbeistand würde zunächst den konkreten Fall anhand des Arbeitsvertrages prüfen. Dabei liege der Teufel im Detail. So stelle sich beispielsweise die Frage, ob es eine „Versetzungsklausel“ gebe, wonach der Mitarbeiter ggf. mit einer Versetzung rechnen müsse. Dies könne sich positiv oder negativ auf die anschließenden Verhandlungen auswirken: Einerseits kann der Arbeitgeber überschüssige Mitarbeiter leichter an unbeliebte Orte oder Positionen verbannen. Andererseits erschwert eine solche Klausel dem Arbeitgeber, eine Kündigung zu rechtfertigen. Denn er könne den Mitarbeiter ja versetzen.

Generell komme es bei Abfindungsverhandlungen entscheidend auf die Rechtsposition an. Deshalb sei die Hinzuziehung eines kompetenten Rechtsbeistands so entscheidend. „Es geht nicht nur um taktische Fragen. Wenn ich meine Rechtsposition kenne, dann trete ich in Abfindungsverhandlungen ganz anders auf“, betont Kroll.

Laut Kroll belaufen sich die Stundensätze für einen Fachanwalt auf etwa 250 Euro. Der Stundensatz kann bei Partnern einer großen Kanzlei jedoch bis auf 650 Euro ansteigen. „Die Preise sind frei verhandelbar“, sagt Kroll. Allerdings dürften „normale Fachanwälte“ für die meisten Fälle ausreichen. Dagegen warnt die Expertin davor, sich auf Rechtsschutzversicherungen zu verlassen. „Die setzen den Ausspruch der Kündigung voraus. Das setzt zu spät an“, ergänzt Kroll. Denn der Verhandlungsspielraum falle vor der formellen Kündigung am größten aus.

Nicht gleich die großen Geschütze auffahren

Allerdings warnt Headhunter Andreas Christl von Talentspy in München, vorschnell die rechtlich großen Geschütze aufzufahren. „Wenn ihnen die Kündigung überreicht wurde, dann bleibt ihnen kaum etwas anderes übrig, als die Angelegenheit ihrem Anwalt zu übergeben“, bemerkt Christl. Falls Ihnen jedoch nur informell der Abbau Ihres Arbeitsplatzes angekündigt wurde, dann rät Christl zu einem anderen Vorgehen.

Zwar sollten Sie sich auch über Ihre rechtliche Situation informieren, dennoch sollten Sie Ihren Anwalt nicht sogleich mit einem formellen Schriftsatz beauftragen. „Dem Arbeitgeber bleibt dann keine anderen Wahl, als die Sache selbst seinem Anwalt zu übergeben“, ergänzt Christl. Vielmehr sollte möglichst viel selbst geregelt werden. „Vor Gericht kommt nicht immer etwas Besseres heraus.“

Kündigungsschutzgesetz gilt auch für Führungskräfte

Unterdessen räumt Kroll mit einem Missverständnis auf: „Auch ein leitender Mitarbeiter unterliegt dem Kündigungsschutzgesetz.“ Von daher seien die Arbeitgeber zu einer Sozialauswahl – vorausgesetzt es gibt vergleichbare Mitarbeiter – verpflichtet. Demnach müssten normalerweise die jüngsten Mitarbeiter als erstes ihren Hut nehmen. Doch dies werde von vielen Arbeitgebern gar nicht gewünscht. Diese wollen sich in der Regel vom teuren, älterem Personal trennen.

Abfindung beträgt oft mehr als ein Monatsgehalt pro Jahr

Bei tariflichen Angestellten laufen Abfindungsverhandlungen oftmals auf die sogenannte „Regelabfindung“ von einem halben Monatsgehalt pro Betriebszugehörigkeitsjahr hinaus. Bei außertariflichen Mitarbeitern sei die Quote deutlich besser. „Unter einem Monatsgehalt ist eher selten“, beobachtet Kroll. Wenn neben Kostensenkungsmaßnahmen auch noch persönliche Gründe hinzukämen, sich z.B. ein neuer Abteilungsleiter von alten Mitarbeitern trennen wolle, dann sei auch eine Quote von über anderthalb Monatsgehältern möglich.

„Wir sehen oft Abfindungszahlungen von einem Monatsgehalt pro Jahr und in Ausnahmefällen auch darüber“, bestätigt ein Personalvermittler, der namentlich nicht genannt werden möchte. Doch auch hier hätten die Exzesse nachgelassen. „Vor ein paar Jahren lagen die Abfindungszahlungen noch deutlich darüber.“

Steuerfragen, Betriebsrenten und Deferrals nicht vergessen

Aus einer großen Abfindung vor Steuern kann eine kleine Abfindung nach Steuern werden – so wirken sich die Segnungen des deutschen Steuerrechts aus. Daher spielen schon in den Verhandlungen mit dem Arbeitgeber Steuerfragen eine gewichtige Rolle. Normalerweise gelte die sogenannte „Fünftelungsregelung“. Demnach werde die Abfindung steuerlich fiktiv auf fünf Jahre verteilt, um die Progression zu vermindern.

Auch Betriebsrenten und aufgeschobene Vergütungsbestandteile, wie sie als „Deferrals“ in der Bankenbranche einschlägig bekannt sind, müssten bei Abfindungsregelungen berücksichtigt werden. So ließen sich Abfindungszahlungen in Altersvorsorgepläne einzahlen, wodurch sie zunächst nicht der normalen Besteuerung unterliegen.

Durch die geschickte vertragliche Verteilung der Abfindungszahlungen könnten jedenfalls einige Steuern gespart werden, vor allem wenn die Betroffenen unter den Plafond von 42 Prozent (plus Soli und Kirchensteuern) ab gut 50.000 Euro fallen. Wenn beispielsweise eine Kündigung zu Jahresende rechtskräftig wird, die Abfindungszahlung jedoch erst im Januar erfolgt, dann gilt die steuerliche Veranlagung des neuen Jahres. Dies wirke sich besonders vorteilhaft aus, falls der Betroffene in die Arbeitslosigkeit entlassen werde. So beobachtet Kroll: „Es gibt tatsächlich Leute, die taktisch ein Jahr Arbeitslosigkeit einschieben, um Steuern zu sparen.“


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