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Was Banker einem Doktoranden über ihr Leben in der Londoner City verraten

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Was passiert, wenn man Banker nach ihren Hauptärgernissen fragt? Davon kann Louise Nash ein Lied singen. Nash arbeitet an einer Promotion in Philosophie an der Universität Essex in Großbritannien. Dazu hat die Doktorandin 18 Banker interviewt, die allerdings nicht alle im Front Office arbeiten, sondern auch in Bereichen wie der Personal- oder Presseabteilung oder der IT. Für ihre Promotion befragte Nash sie nach ihren Arbeitserfahrungen in der Londoner City. Die Ergebnisse hören sich wie eine endlose Nörgelei auf hohem Niveau an.

Nash wollte beispielsweise wissen, mit welcher Farbe sie die City beschreiben würden. Anna, die Teilzeit in der Presseabteilung arbeitet, beschrieb den Finanzplatz beispielsweise als schwarz. Und zwar „schwarz wie ein Loch“ oder „wie etwas Monströses“, wie Anna spezifizierte. Die ehemalige Investmentbankerin Claire, die heute in der Kunstfinanzierung beschäftigt ist, beschrieb sie wiederum als rot „wie Hölle, Hitze und Unbehagen“. Die männlichen Banker äußerten sich zumindest etwas positiver. Einer bezeichnete den Finanzplatz ebenfalls als schwarz aber im Sinne von „einem glänzenden modernen Schwarz“. Nur eine einzige Frau beschrieb die City mit einem dynamischen Orange.

Auch wenn nur eine Minderheit im Front Office arbeitet, registrierte Nash bei allen, dass sie über den ständigen Druck am Arbeitsplatz klagten. „Hier ist etwas in der Luft…, das sich zu einer Art von Abhängigkeit entwickelt“, sagte beispielsweise Claire, die sich vom Broadgate Circus, an dem die UBS angesiedelt ist, bedrückt fühlt. „Wenn Sie erst einmal darin sind, fällt es Ihnen schwer, Ihren Weg zu finden. Und herauszufinden, ist sogar unmöglich.“

Neil, der seit mehr als 20 Jahren als IT-Berater arbeitet, fühlt sich in der City wie unsichtbar, weil er sich unscheinbar kleidet (obwohl dies seine eigene Entscheidung gewesen zu sein scheint). „Um hier beachtet zu werden, müssen Sie all die Äußerlichkeiten mitbringen: einen Top-Job, das Selbstvertrauen, das mit einem Spitzengehalt einhergeht, die richtige Kleidung und einen schicken Anzug“, erzählte Neil. Da er als Contractor arbeitet, fühle er sich vergänglich. „Niemand am Arbeitsplatz schenkt Ihnen viel Beachtung, wenn Sie sich ,casual‘ kleiden. Sie nehmen einfach an, dass Sie eine unwichtige Aufgabe haben und so werden Sie schnell unsichtbar. Man fühlt sich rasch anonym und unwichtig.“

Neil äußerte sich auch kritisch über den Alkoholkonsum in der City. Die Leute würden abends geradezu „wild“ werden, doch alles spiele sich hinter verschlossenen Türen ab. Jennifer, die als Schadenssachverständige arbeitete, kritisierte die öffentlichen Partys. „Sie gehen nachhause und sehen Leute in der Gosse liegen.“ Jennifer berichtet sogar, dass bei „20stündigen Meetings“ und bei „großen Geschäften“ Drogenmissbrauch die Norm sei. „Sie gehen um 23 Uhr auf die Toilette und dort ist jemand, der öffentlich Kokain nimmt.“

Nash wollte von den Interviewpartnern erfahren, ob es sich bei der City um einen „eher maskulinen Ort“ handle. Claire kritisierte, dass der Finanzplatz „bewusst“ so strukturiert sei, das „normale Leben“ wie etwa Schulen, Krankenhäuser, Kinder und Parks auszuschließen. Als sie schwanger war, hätten Kollegen sogar Wetten abgeschlossen, ob ihr Bauch größer als ihre Brüste werden würden.

Nur wenige der Gesprächspartner hatten etwas Positives über die City zu berichten. Laut Nash hätten alle hauptsächlich über das Thema „Leistung“ gesprochen. Lediglich Dave, der im Business Development einer Fondsgesellschaft arbeitet, zeigte sich positiv. Er liebe die Energie, die Chancen und die Zielstrebigkeit, die hier herrsche.

Der größte Pluspunkt bestand – wie könnte es anders sein – in der Bezahlung. „Ich mag die Tatsache, dass ich hier mehr Geld verdiene als irgendwo anders“, sagte etwa Anna, die in einer Personalabteilung beschäftigt ist. Geradezu begeistert äußerte sich Elizabeth, die Partnerin in einem Professional Services-Unternehmen ist. Ihr zufolge sei die Arbeit in der City „unendlich lohnenswert“.


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