Die Goldmänner und -frauen geben wieder einmal die Marschrichtung vor. Die ersten Front Office-Jobs sollen bis Ende Juni von der Themse an den Main umziehen. Doch der Brexodus bringt auch so manche arbeitsrechtliche Hürde mit sich. Denn die englischen Arbeitsverträge müssen auf deutsche umgestellt werden. Die meisten Betroffenen dürften sich damit verbessern, wie zwei Rechtsanwälte versichern
Bei Nichtannahme droht betriebsbedingte Kündigung
Matthew Devey ist Partner bei der internationalen Großkanzlei Linklaters in Frankfurt und u.a. für grenzüberschreitendes Arbeitsrecht zuständig. Devey ist sowohl britischer Staatsbürger als auch deutscher Rechtsanwalt und kennt daher die Tücken der Umstellung. Der seit Jahren in Deutschland lebende Brite berät u.a. Banken bei den Brexit-Herausforderungen.
Er rechnet damit, dass bei einem Umzug die bestehenden englischen Arbeitsverträge einvernehmlich aufgehoben und in Deutschland neue Arbeitsverträge mit den Arbeitnehmern abgeschlossen werden. Die Arbeitgeber könnten nicht einfach den Umzug nach Frankfurt diktieren, da ein Standortwechsel einen erheblichen Eingriff in das Arbeitsverhältnis bedeutet. Allerdings hätten die Mitarbeiter nur wenig Spielraum. „Wenn sie den Standortwechsel ablehnen, droht voraussichtlich eine Kündigung des englischen Arbeitsverhältnisses aus betrieblichen Gründen“, warnt Devey.
Deutsche Arbeitsverträge sind meist besser
Die gute Nachricht zuerst. Devey zufolge schneiden Banker mit deutschen Arbeitsverträgen meist deutlich besser als mit englischen ab. „Ein Arbeitnehmer in Deutschland hat einen höheren Urlaubsanspruch, genießt besseren Kündigungsschutz und es bestehen zwingende gesetzliche Regelungen zur Arbeitszeit, auf die der Arbeitnehmer nicht verzichten kann“, weiß Devey.
„Ein so arbeitnehmerfreundliches Arbeitsrecht wie in Deutschland gibt es in den wenigsten Ländern“, betont auch Michael Krekels, Finanzvorstand des Verbands „DFK – Die Führungskräfte“ in Essen und Fachanwalt für Arbeitsrecht. Zu Krekels Klientel zählen u.a. Führungskräfte von Banken. Da kaum ein Arbeitsrecht ähnliche Schutzfunktionen wie das deutsche habe, dürften die meisten Banker mit einem deutschen Vertrag besser fahren.
Auf die Übernahme der Betriebszugehörigkeit achten
Um Leistungsträgern einen Standortwechsel schmackhaft zu machen, rät Devey, die bisherige Betriebszugehörigkeit in den neuen deutschen Arbeitsvertrag anzuerkennen. Denn danach bemisst sich im Kündigungsfall u.a. die Abfindung. Wer also beispielsweise bereits fünf Jahre in London für eine Bank gearbeitet habe, bekomme bei einer Kündigung in Deutschland in der Regel deutlich mehr Geld, als er in Großbritannien bekommen würde. Nach Deveys Erfahrungen erwiesen sich viele Kündigungsgründe nicht als gerichtsfest. „In Deutschland haben wir da eine fast einzigartige Situation. Wenn ein Arbeitsgericht die Kündigung für unwirksam erklärt, ist der Arbeitnehmer im bisherigen Umfang weiter zu beschäftigen und erhält seine vollen Bezüge weiter“, erläutert Devey. „Dies führt dazu, dass die Arbeitgeber im Rahmen von Vergleichsverhandlungen oft sehr hohe Abfindungen zahlen müssen.“
Laut Devey sind viele Banken grundsätzlich nicht abgeneigt, die bisherige Betriebszugehörigkeit in die neuen Verträge zu übernehmen. „Der Nachteil für die deutschen Konzerngesellschaften ist allerdings, dass diese im künftigen Kündigungsfall mit hohen Abfindungszahlungen rechnen müssen“, merkt Devey an.
Auch Krekels rät dringend die „Vordienstzeit“ in den deutschen Arbeitsvertrag aufzunehmen. Damit fahre der Mitarbeiter nicht nur bei einer späteren Kündigung besser, vielmehr werde damit auch eine Probezeit üblicherweise ausgeschlossen. Auf keinen Fall sollten sich Betroffene auf eine erneute Probezeit einlassen. „Dann kann Sie die Bank innerhalb der Probezeit jederzeit kündigen“, warnt Krekels.
Umzugskosten und Schulplätze vertraglich absichern
Weiter empfiehlt Devey Umzugskosten und im Einzelfall auch die Übernahme der Gebühren für internationalen Schulen vertraglich zu regeln. Nach Deveys Erfahrung werden die Schulgebühren für Kinder jedoch oft nur bei seniorigen Bankern übernommen. Ein Umzugspaket sei allerdings Standard. „Das ist Voraussetzung, um Leistungsträger zu einem Umzug zu bewegen“, sagt Devey.
Tatsächlich haben sich beispielsweise bereits mehrere Banken Plätze bei der Metropolitan School in Frankfurt für das Schuljahr 2018/19 gesichert, wie Schulleiter Peter Ferres kürzlich in einem Interview versicherte.
Achten Sie auf Bonus und Altersvorsorge
Die Regelungen zu den Bonuszahlungen in den Arbeitsverträgen sollten ebenfalls geprüft werden. Da seit der Finanzkrise Regulatoren und Banken hier ein dichtes Regelwerk erstellt haben, fällt nach Krekels Erfahrungen der Verhandlungsspielraum gering aus.
Weiter empfiehlt Krekels sich die Regelungen für die betriebliche Altersversorgung und die Sozialversicherungen genau anzuschauen. Geklärt werden müsse, ob und wie die in London erworbenen Ansprüche mitgenommen werden könnten. Seiner Erfahrung nach sei die Altersvorsorge der deutschen Banken mit ihrem Dreisäulenmodell recht gut geregelt. Demnach sind Banker gleich dreifach abgesichert: durch die gesetzliche Rente, eine Teilrente über den BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes sowie unternehmensspezifische Zahlungen.
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
Ein deutscher Arbeitnehmer hat einen sechswöchigen gesetzlichen Anspruch auf eine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. „Bei Führungskräften ist jedoch eine Entgeltfortzahlung von drei bis sechs Monaten üblich“, berichtet Krekels. Oftmals werde dann nach sechs Wochen das Krankengeld durch Zahlungen des Arbeitgebers bis auf Niveau des Nettogehalts aufgestockt. „Natürlich gibt es da keinen Automatismus und es muss verhandelt werden. An diesem Beispiel sieht man, dass sich Beratung lohnt“, sagt Krekels.
Die Kündigungsfrist sollte möglichst sechs Monate betragen
„Bei Führungskräften ist eine Kündigungsfrist von sechs Monaten zu Quartalsende normal“, sagt Krekels. „Falls Sie in Ihrem englischen Arbeitsvertrag eine längere Frist haben, dann sollten Sie verlangen, diese in den neuen Arbeitsvertrag zu übernehmen.“
Dagegen sieht Krekels nachvertragliche Wettbewerbsklauseln in Arbeitsverträgen immer seltener. Demnach verpflichtet sich ein Arbeitnehmer beispielsweise für zwei Jahre nach dem Ausscheiden nicht bei einem Konkurrenten anzuheuern, und erhält dafür mindestens die Hälfte des bisherigen Gehalts als Karrenzentschädigung. Krekels empfiehlt sich möglichst nicht auf „Wettbewerbsklauseln“ einzulassen. „Zwar erhalten Sie Geld, aber nach zwei Jahren sind sie in der Regel für andere Arbeitgeber verbrannt.“ Zudem könnten sich die Regelungen im Detail sehr unterscheiden und auch unwirksam sein. „Diese Einschätzung und Beurteilung sind etwas für Fachleute. Im Zweifel fährt man ohne besser und sicherer.“
Hier finden Sie einen Mustervertrag vom Verband „Die Führungskräfte”:
Anstellungsvertrag für Führungskräfte
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