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Meine Kollegen haben sich eine Rolex und einen Ferrari zugelegt. Keine kluge Idee

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Falls Sie im Banking arbeiten, kann ich Ihnen ein Geheimnis verraten. Schließlich habe ich ebenfalls hier gearbeitet. Fast 30 Jahre habe ich an der Wall Street verbracht, wobei ich im Aktienhandel von JP Morgan bis zur UBS tätig war. Heute, nach vielen Jahren mit 60-Stunden-Wochen und lähmendem Pendeln, mache ich, was alle guten Ex-Trader machen: Ich arbeitete Teilzeit als Consultant. Vergessen Sie den völligen Ausstieg. Vielmehr sollten Sie es wie ich machen, sofern Sie es sich leisten können.

Das eigentliche Problem von Karrieren im Investment Banking, Sales und Trading lautet: Wenn Sie Unmengen an Geld verdienen, kann man schnell den Boden unter den Füßen verlieren. Denn mit den Gehaltsanhebungen steigen auch Ihre Ausgaben.

Das habe ich selbst miterlebt. Als ich noch Managing Director (MD) bei Morgan Stanley war, haben sich meine Kollegen Villen mit 1500 Quadratmetern Wohnfläche, teure Mitgliedschaften in Golfclubs und kostenintensive Scheidungen geleistet. Es standen auch eine Menge nagelneuer Ferraris und Lamborghinis vor der Tür, viele besaßen Uhren im Wert von 30.000 Dollar, als der Aktienkurs von Lehman Brothers bereits gen null tendierte. Indem sie sich daran gewöhnt hatten, eine halbe Million im Jahr auszugeben, haben sie sich selbst in eine Falle manövriert. Als sie ihren Job verloren – was jeden von uns irgendwann einmal ereilt, standen sie vor einem Scherbenhaufen. Viele von ihnen sind herumgezogen, um irgendwelche Alternativen zu finden oder versuchten bei weniger renommierten Banken unterzukommen.

Was viele vergessen: Nur weil Sie zum MD befördert wurden, müssen Sie noch lange nicht einen solchen Lebensstil führen. Das Luxusleben eines MD stellt keinen Segen dar.

Führungskräfte im Banking erzählen einem regelmäßig, sie kämen um die Mitgliedschaft im Golfclub nicht herum, um Kunden bei Laune zu halten. Ähnliches gilt für die eigene Schihütte, Villa und Jacht. Doch das meiste stellt nichts anderes als hemmungslosen Konsum dar. Nur weil Sie eine Rolex tragen, werden Sie noch lange nicht als Chef oder auch nur irgendwie von Wert betrachtet. Auf der Sell-Side (dem Investment Banking) fällt die Gleichung eigentlich ganz einfach aus: Wenn Sie das Zehnfache Ihrer Vergütung für das Unternehmen generieren, dann bleiben Sie. Falls Sie das nicht schaffen, dann helfen Ihnen weder Uhr, Jacht oder Uhr weiter. Sie fliegen, bleiben auf Ihrer horrenden Kreditkartenabrechnung, einer ausgabenfreudigen Gattin bzw. gewaltigen Unterhaltszahlungen sitzen.

Aus diesem Grunde müssen Sie diszipliniert bleiben, sobald Sie die Karriereleiter im Banking hinaufklettern. Niemals sollten Sie mehr als Ihr Grundgehalt ausgeben und niemals sollten Sie Ihren Bonus hinauswerfen – keinen einzigen Cent davon. Vielmehr sollten Sie ihn bis zum Bonus des nächsten Jahres hüten. Erst dann dürfen Sie Ihren Bonus aus dem Vorjahr ausgeben oder investieren. Wenn Sie immer ein Jahresnettogehalt auf dem Tagesgeldkonto haben und Sie die Boni regelmäßig sinnvoll investieren, dann wird sich ein schönes Sümmchen ansammeln.

Deswegen müssen Sie noch lange nicht das Leben eines Geizhalses führen. Das erste eigene Haus kann schon das Budget arg belasten, wenn Sie jung sind und gerade eine Familie gründen. Dennoch muss jede weitere Hypothek aus ihrem Gehalt bezahlt werden. Ich selbst habe zunächst mein erstes Haus abbezahlt, bevor ich in mein zweites umgezogen bin. Dies habe ich abbezahlt, als ich vor die Tür gesetzt wurde. Nur weil ich meinen Vorjahresbonus gespart hatte, besaß ich diese Option. Unterdessen fahre ich den gleichen Mercedes Baujahr 2006, den ich mir 2009 gekauft habe. Damals hat er das gleiche wie ein neuer Toyota Camry gekostet. Dennoch hat er seinen Zweck erfüllt, als ich mit ihm Kunden herumkutschierte.

Dank dieser Disziplin kann ich mir jetzt mit Anfang 50 leisten als Consultant zu arbeiten. Ich bin noch zu jung, um mich auf das Altenteil zurückzuziehen und ich möchte auch nicht den ganzen Tag zuhause oder auf dem Golfplatz herumhängen. Zwar musste ich beträchtliche Gehaltseinbußen hinnehmen, aber das ist in Ordnung – ich kann es mir leisten. Ich bin auch Teil der Contractor-Wirtschaft. Ich habe für einige Start-ups im Aktiengeschäft gearbeitet und mir das gut bezahlen lassen. Und es kommt noch besser: Ich kann beim Fiskus einige Ausgaben gelten machen, was mir als Frührentner unmöglich wäre.

Dies stellt den Grund dar, wieso sich die klügsten Ex-MDs immer noch als Consultants betätigen. Consulting stellt eigentlich nicht anderes als ein Synonym dafür dar: „Ich habe das Banking verlassen und überlebt“. Die weniger schlauen MDs brechen zusammen, wenn ihnen die Kündigung ausgehändigt wird. Sie verfügen zwar über einen Haufen Plunder, aber über keinen wirklichen Plan-B und versuchen alles, sofern es ihnen mehr als 250.000 Dollar im Jahr verspricht. Wer heute im Banking arbeitet, dem steht die Wahl noch offen. Die Entscheidung sollten Sie gründlich überlegen. Mein Weg ist jedenfalls der leichtere.

Bei Stanley Danko handelt es sich um ein Pseudonym. Er hat früher als Managing Director im Aktienhandel der UBS gearbeitet und hat nahezu 30 Jahre an der Wall Street verbracht.


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