In Frankfurt geht ein Gerücht um: Angeblich soll ein Compliance-Mitarbeiter sein Bruttogehalt mit einem Wechsel von 110.000 auf 160.000 Euro gesteigert haben, was einen Aufschlag von fast der Hälfte bedeuten würde. „Auch wenn der Markt für Compliance-Mitarbeiter wie leergefegt ist, kann das nur ein Einzelfall sein“, kommentiert Patrick Riske von Fricke Finance & Legal in Frankfurt. Doch zweifelsohne treibe der Brexit die Gehälter in Compliance, Risikomanagement und Regulierung in die Höhe.
Vor allem Compliance-Experten mit einem juristischen Hintergrund seien kaum noch aufzutreiben. Daher werde so manche Auslandsbank, die wegen des Brexits noch einschlägiges Personal für Frankfurt sucht, ernste Probleme bekommen. „Die Kandidaten wissen das und vor allem die besonders begehrten Leute mit drei bis fünf Jahren Berufserfahrung stellen stolze Gehaltsforderungen. Sie versuchen die Situation für sich zu nutzen“, berichtet Riske.
„Eine solche Steigerung [von 110.000 auf 160.000 Euro] halte ich in Deutschland für unmöglich“, bestätigt Senior Headhunterin Behi Farid von Robert Walters in Frankfurt, die 2018 bereits 40 Positionen in diesem Berufsfeld besetzt hat. Tatsächlich seien die Gehälter im laufenden Jahr um etwa 15 Prozent gestiegen. „Das ist für Deutschland ein beachtlicher Wert“, sagt Farid. Dagegen rangierte die jährliche Steigerungsrate in den zurückliegenden Jahren zwischen 5 und 8 Prozent.
Ein Grund für die hohen Steigerungsraten stellt der Brexit dar. Denn um eine Banklizenz zu erhalten oder eine bestehende Banklizenz auf neue Geschäftstätigkeiten auszuweiten, werden regelmäßig Experten für Compliance, Risikomanagement und Regulierung verlangt und die sind schon seit Jahren auf dem deutschen Markt rar. „Der Brexit trifft auf einen Markt, in dem bereits Kandidatenmangel herrscht“, sagt Farid.
Durch eine jährliche Steigerungsrate von 5 bis 10 Prozent lägen die Vergütungen mittlerweile weit über dem Niveau von vor fünf Jahren, beobachtet Headhunter Rolf Behrens von Banking Consult in Frankfurt. Neben Brexit, stetig wachsender Regulierung und Kandidatenmangels macht Behrens die höheren Anforderungen an die Qualifizierung für die Aufschläge verantwortlich. „Früher waren Compliance-Leute einfache Sachbearbeiter, heute werden Leute mit einem deutlich höheren technischen Verständnis verlangt“, betont Behrens. Und höher qualifiziertes Personal hege höhere Gehaltsvorstellungen. „Die Besetzung solcher Jobs ist schwierig, aber nicht unmöglich.“
Laut Farid entfalle das Gros der Nachfrage derzeit auf japanische und amerikanische Banken, die im Zuge des Brexits mehr Geschäft von Frankfurt abwickeln wollten. Dagegen stammten die meisten Kandidaten von den Big 4 und deutschen Banken. Ein klassischer Weg in Compliance, Regulierung und Risikomanagement einer Bank führe über ein Studium und zwei bis vier Jahre Berufserfahrung bei einem Beratungsunternehmen, erläutert Farid.
„Viele Kandidaten finde ich auch in Berlin oder London“, ergänzt die Headhunterin. Tatsächlich unterhalten einige Branchengrößen wie die Deutsche Bank oder Consulting-Unternehmen in der deutschen Hauptstadt beträchtliche Risikomanagement-Teams.
Mehr und mehr Kandidaten kämen aber auch aus London. Doch handle es sich weniger um Briten als um Kontinentaleuropäer. Da für Junior-Positionen oft keine Deutschkenntnisse erforderlich seien, hätten diese Kandidaten durchaus gute Chancen in Frankfurt. Bei Senior-Profilen werde Deutsch indes regelmäßig verlangt. „Das sind die Leute, die mit den Aufsichtsbehörden wie BaFin oder Bundesbank direkt zusammenarbeiten“, kommentiert Farid.
Für Londoner Kandidaten seien vor allem die Karriereperspektiven in Deutschland verlockend. „Während viele Teams in Frankfurt nur wenige Mitarbeiter zählen, sind sie in London viel größer. Damit gibt es in Frankfurt deutlich bessere Chancen“, resümiert Farid.
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